Die geteilte Zeit und ihre Feinde
Immer weniger Menschen arbeiten 40 Stunden pro Woche. Für den Staat ist das ein Problem, für die Betroffenen mitunter auch. Warum steigt die Teilzeitquote trotzdem weiter an?
Wenn es so etwas wie einen Preis für den innenpolitischen Sommerhit 2025 geben würde, wäre Wolfgang Hattmannsdorfer praktisch nicht zu schlagen. Der ÖVP-Wirtschaftsminister hat mit seiner Debatte über die Lifestyle-Teilzeit einen beträchtlichen Teil der politischen Ferienzeit Juli und August eingenommen. Das hat eine ganze Reihe von Gründen. Allen voran, dass das Thema Teilzeitarbeit aus jeder erdenklichen Perspektive ein sehr ergiebiges ist.
Nehmen wir die parteipolitische Brille: Als konservative Partei, als die sich die ÖVP nach wie vor versteht, kann man da hervorragend bürgerliche Werte wie Leistung, Einkommen und Unternehmertum hervorstreichen. Die SPÖ, die den von Hattmannsdorfer gespielten Ball dankbar aufgenommen hat, pocht dagegen auf Arbeitnehmerrechte und den Mangel an Betreuungseinrichtungen, deren Zahl noch immer hinter dem Niveau anderer Staaten hinterherhinkt. Die Neos verweisen auf die hohe Abgabenlast, die der Leistungsbereitschaft entgegenwirkt und deswegen zu höheren Teilzeitquoten führt. Und die Grünen verweisen mit Gusto auf die Männer-Frauen-Schere.
Dann ist da die identitätspolitische Brille. Wenn man von Lifestyle-Teilzeit spricht, einem absichtlich polarisierenden Begriff, dann teilt man die Leute quasi in gute und schlechte Teilzeitarbeitskräfte ein. Die guten Mütter, die sich auch zu Hause um ihre Kinder kümmern, machen eine nachvollziehbare Teilzeit. Die Leute dagegen, die nicht wegen Betreuungspflichten Teilzeit arbeiten, sind quasi die Bösen, werden in der politischen Debatte negativ geframed. Denen müsste man diese Flausen austreiben.
Es ist auch ein Genderthema: Noch immer arbeiten 51 Prozent der erwerbstätigen Frauen in Teilzeit, während das bei den Männern nur 14 Prozent sind. Man kann es als Stadt-Land-Thema sehen, weil – so zumindest der allgemeine Eindruck – in der Stadt die Teilzeitquote höher liegt und die Leute dort lieber Party machen, anstatt sich mit Leistung in der Arbeit oder mit dem Aufziehen von Kindern zu beschäftigen.

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