Die nächste Kriegsrunde
Über das bange Warten auf eine weitere Eskalation im Konflikt zwischen Iran und Israel.
Es liegt was in der Luft, sagen iranische Freundinnen. Es wird wieder etwas passieren, israelische Freunde. Die einen mit Furcht in der Stimme, die anderen mit Resignation. Selbst möchte man nur die Ohren und Augen davor verschließen, was Kommentatoren für die nächsten Wochen und Monate für die beiden Länder prognostizieren. Der Krieg zwischen Israel und Iran wird in die nächste Runde gehen. Vielleicht schon Ende August, also vor Redaktionsschluss dieser Ausgabe, oder erst im Dezember. Aber es wird passieren und es wird brutaler werden als das, was die Welt im Zwölf-Tage-Krieg Mitte Juni gesehen hat, heißt es etwa im Magazin Foreign Policy. Der Waffenstillstand, der damals vereinbart wurde, ist fragil. Israels offizielles Ziel, Irans Atomprogramm mit der Hilfe amerikanischer bunkerbrechender Bomben zu zerstören, wurde nicht erreicht. Das inoffizielle eines Regimewechsel noch viel weniger. Rund 400 Kilogramm Uran, die das iranische Regime auf einen Reinheitsgrad von 60 Prozent angereichert hatte – das ist einen Schritt entfernt vom atomwaffenfähigen 90-Prozent-Niveau – sollen verschwunden sein. Und die Mullahs? Ja, die sitzen mit den Revolutionsgarden nach wie vor – wenn auch nicht ganz so fest, aber fest genug – im Sattel.
Israels Premier Benjamin Netanjahu wendet sich wieder in bewährter und kontraproduktiver Propheten-Manier an das iranische Volk. Es soll doch bitte etwas für seine Freiheit riskieren. Im Gegenzug verspricht er, dass Israel, der ›Wasserrecycle-Weltmeister‹, das trockene Land mit Knowhow unterstützen werde. Sie müssten sich nur ihrer Machthaber entledigen.
Die zeigen sich offiziell unbeeindruckt und spannen am internationalen Parkett so gut sie können die Muskeln. Sie werden die Uran-Anreicherung nicht einstellen, wie es US-Präsident Donald Trump fordert. Die Drohungen der Europäer, die mit dem 2015 geschlossenen Atomdeal beendeten UN-Sanktionen zu reaktivieren, werden mit undefinierten Gegendrohungen gekontert. Gleichzeitig gibt es zahlreiche politische Kräfte im Land, die das Regime drängen, das mit dem Uran gänzlich zu lassen und die auf Verhandlungen pochen. Nur so ließe sich die Situation deeskalieren. Selbst der Präsident Massud Peseschkian zählt dazu, wofür ihm von Hardlinern mit der Amtsenthebung gedroht wird.
Währenddessen misst Ali Laridschani, der frisch ernannte Sekretär des Obersten Sicherheitsrats des Irans, den Puls bei den Verbündeten in der Region. Auf Besuch im Irak und im Libanon versicherte er, dass es sich dabei lediglich um die Stärkung bilateraler Beziehungen handelte. Als er dann hingegen am Grab des getöteten Hisbollah-Führers Hassan Nasrallah stand, forderte er die Hisbollah-Mitglieder auf, ›im Widerstand standhaft zu bleiben‹ und ›Nasrallahs Weg fortzusetzen‹. Er betonte, dass sich der Iran ›nicht in die Angelegenheiten anderer Länder einmischt‹, aber eben auch ›immer an der Seite der Widerstandsbewegungen steht und sie unterstützt‹.
Für die iranische Bevölkerung hat sich die Lage seit dem Krieg wie erwartet zugespitzt. Behörden prahlen damit, dass während der zwölf Tage im Juni 21.000 Personen wegen Spionageverdacht festgenommen worden sind. Die Hinrichtungen in diesem Zusammenhang werden nicht erwähnt, ebenso wenig die Verfolgung von Minderheiten und die Abschiebung Tausender afghanischer Flüchtlinge unter demselben Vorwand.
Was wird die nächste Runde bringen? Wie viele Opfer? Wie viel Zerstörung? Am Ende hängt es wieder an den Launen des ersten strafrechtlich verurteilten Präsidenten im Weißen Haus, der so gern den Friedensnobelpreis hätte, für seine ›Bemühungen‹. Wer möchte bei diesen Aussichten nicht die Augen und Ohren verschließen. •