›Geschossen hat noch niemand auf mich‹

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Fotografie:
Ursula Röck
DATUM Ausgabe September 2025

Name: Melinda Ruttinger, 29

Beruf: Panzerfahrerin

Wieso sind Sie Panzerfahrerin geworden?

Ich war immer sportlich und wollte Dinge ausprobieren, die außerhalb meiner Komfortzone liegen. Da passt das Bundesheer gut. Man friert, liegt im Regen oder läuft weiter, obwohl der Puls bis zum Hals schlägt. Sowas stört mich nicht. Beim ›Girls Day‹ habe ich mit Anfang 20 dann in den Beruf hineingeschnuppert, und da war mir klar: Das ist meins.

Wie hat Ihr Umfeld darauf reagiert?

Zu Beginn habe ich mich nicht getraut, diesen Wunsch auszusprechen. Ich habe es nur meinem Opa erzählt. Der war stolz und meinte: ›Wenn du das machen willst, dann mach es.‹ Das hat mir als junge Frau enorm den Rücken gestärkt. 

Wie wurden Sie schließlich Panzerfahrerin?

Während meiner Ausbildung war ich zuerst Ladeschützin und Richtschützin im Panzer. Aber ich wollte so schnell wie möglich den Panzerführerschein machen. Dafür braucht man den B-Schein und einen militärischen Eignungstest. In der Panzerfahrschule saß ich 2019 dann das erste Mal als Fahrschülerin in der Panzerwanne. Der Fahrlehrer saß oberhalb in einer eigenen, speziell umgebauten Fahrschulkabine. Wie bei einem zivilen Fahrschulauto hat auch der Panzerfahrlehrer ein Lenkrad und Pedale. Ich fuhr im Gelände, aber auch im öffentlichen Straßenverkehr, dort ist es am schwierigsten. Enge Straßen und andere -Verkehrsteilnehmer machen das Panzerfahren nicht gerade leichter. 

Wie steuert sich ein Panzer im Vergleich zum Auto?

Im Prinzip ähnlich, der Panzer hat sogar Automatik. Nur bin ich nicht angeschnallt, und die Sicht ist stark eingeschränkt. Deshalb fahre ich nie allein, sondern werde vom Panzerkommandanten geführt. Nach der Panzerfahrschule war ich aber trotzdem plötzlich verantwortlich für das Steuern von 55 Tonnen.

Wie fühlt es sich im Inneren des Panzers an?

Ich habe tatsächlich mehr Platz, als viele glauben. Für mich als Fahrerin ist es recht bequem, am engsten ist es für den Richtschützen. Ein Problem ist nur die Lautstärke, weshalb wir alle Funkhelme tragen. Geschossen hat noch niemand auf mich, aber allein, wenn wir unser Rohr abfeuern, macht es ordentlich Wumms.

Wie sieht Ihr Alltag aus?

Ich kontrolliere die Ölstände, die Ketten und halte die Technik instand. Bei Übungen trainieren wir mit der ganzen Besatzung oft wochenlang auf unserem Truppenübungsplatz in Allentsteig oder im Ausland. 

Wie reagieren andere, wenn Sie von Ihrem Beruf erzählen?

Die meisten reißen ihre Augen auf. Für viele ist schon ›Frau beim Heer‹ ungewöhnlich. Wenn dann noch ›Kampfpanzer‹ dazukommt, überrascht sie das komplett.

Gibt es viele Frauen in Ihrer Einheit?

Es werden mehr, seit Frauen auch den Grundwehrdienst machen können. Viele schnuppern mal hinein, aber nicht alle bleiben. Im Bundesheer zu dienen, kann physisch und mental ziemlich belastend sein. Das muss man wollen.

Zahlt sich das aus?

Das Einstiegsgehalt beträgt rund 2.000 Euro netto ohne Zulagen. Wer die Unteroffizierslaufbahn einschlägt, verdient etwa 2.400 Euro netto.

Was würden Sie jungen Frauen raten, die überlegen, zum Heer zu gehen?

Nicht zu lange grübeln. Wer gern draußen ist, Sport macht und bereit ist, an seine Grenzen zu gehen, sollte es probieren. Man darf sich nur nicht scheuen, dreckig zu werden.

Fühlen Sie sich eigentlich auf einen Angriff auf Österreich vorbereitet?

Unser Panzerbataillon 14 versucht jedenfalls, es bestmöglich zu sein. Bei internationalen Wettkämpfen besetzen wir immer wieder ganz gute Plätze, also sind wir wohl nicht so schlecht vorbereitet. •

Zahlen und Daten

Österreich verfügt über 48 aktive Kampfpanzer ›Leopard 2A4‹. 

Der Frauenanteil beim Bundesheer in Österreich liegt insgesamt bei knapp 8 %

Quelle: Bundesheer, 2025 

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