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Mein Datum : 11. Mai 2011

Gewaltschutzexpertin Rosa Logar über die Unterzeichnung der Istanbul-Konvention zum Gewaltschutz von Frauen.

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Fotografie  :
Rechte Interventionsstelle Wien
DATUM Ausgabe Mai 2021

Die Istanbul-Konvention ist ein wichtiger Motor für Staaten, die Situation zum Schutz vor Gewalt zu verbessern. Sie kann Grundlage für Gesetze sein, oder man kann sich vor Gericht auf sie berufen. Sie dient als Referenz, um zu zeigen: Hier läuft etwas nicht entsprechend den fachlichen Standards der Konvention.

Mich hat damals Frau­en­ministerin Gabriele Heinisch-Hosek gebeten, sie in den Verhandlungen zur Istanbul-Konvention zu vertreten. Ich war Mitbegrün­derin des ersten Frauenhauses in Österreich und auch international gegen Gewalt an Frauen engagiert. Das war eine große Anerkennung, ich habe auch viel gelernt. Vor allem, wie sich so viele unterschiedliche Parteien auf et­was einigen können.

Ich saß mit etwa hundert Vertretern aus allen 47 Mitgliedsstaaten in einem Raum, und wir verhandelten den ersten Entwurf des Sekre­ta­riats des Europarates. Die Vorsitzenden lasen vor, und wenn man etwas anmerken wollte, stellte man seine Namenskarte auf und wurde aufgerufen. So konnte jeder Staat Vorschläge einbringen. Wenn bei einem Kapitel gar nichts weiterging, ließ man es beiseite und kam später darauf zurück.

Österreichische Ideen sind zum Beispiel in den Paragraf 52 – die Emergency Barring ­Order – eingeflossen. Das Modell dafür war die österrei­chi­sche polizeiliche Wegweisung, die besagt, dass Opfer im eigenen Zuhause bleiben können und die Gefährder dieses verlassen müssen, so­wie die Einrich­tung von Interventionsstellen, damit Opfer ihre Rechte auch in Anspruch nehmen können.

Die Unterzeichnung am 11. Mai 2011 war das Ergebnis von beinahe zehn Jahren harter Verhandlungen. Sie fand in Istanbul statt, die Türkei hatte damals den Vorsitz des Ministerratskomitees. Bereits in den Verhandlungen war die Türkei sehr aktiv und federführend. Auf der Grundlage der Istanbul-Konvention wur­de dort ein umfassendes Gewaltschutzgesetz eingeführt, Erstanlaufstellen für Opfer und zahlreiche Frauenhäuser errichtet.

Durch den angekündigten Austritt ist das zwar nicht hinfällig, aber der Beschluss des Herrn Erdoğan ebnet den Weg für Gesetze, die das traditionelle Familienbild der Türkei noch verstärken. Die Konvention bietet dann keinen Schutz mehr. Auch wenn die Türkei noch viele Probleme hat – bei etwa einem Viertel aller Ehen ist die Frau bei der Eheschließung unter 18 Jahre alt, und fast ein Fünftel der jungen Frauen gab an, dass die Heirat gegen ihren Willen erfolgte – gibt es dort Organisationen und ­Personen, in staatlichen Stellen und in der Zivilgesellschaft, die sich stark für Frauenrechte engagieren. Ich hoffe, die Kolleginnen und Kollegen dort können ihre Arbeit trotzdem weitermachen und ausbauen. •

Zur  Person:

Rosa Logar ist Geschäftsführerin der Wiener Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie und Vorstandsfrau des Vereins AÖF – Autonome Österreichische Frauenhäuser.

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