Nie wieder wild und frei
Als eine Bärin im Frühjahr 2023 im Trient einen einheimischen Studenten tötet, stellen sich viele Fragen: Warum musste Andrea Papi sterben? Wie unberechenbar darf die Natur sein? Und was tun mit einem Wildtier, das den Menschen zu nahe kommt? Am Ende gibt es kaum Antworten – und vor allem eine Verliererin.
Die Tankstelle ist erleuchtet, als sich nachts um 3:34 Uhr ein Transporter auf den Parkplatz schiebt. Auf der Klappe des Laderaums warnt ein Schild: ›Lebende Tiere!‹ Für einen Moment öffnet Einsatzleiter Bernd Nonnenmacher die Klappe.
Die Transportbox im Inneren ist nur 90 Zentimeter breit und hoch, keine zwei Meter lang. Im Inneren ist es dunkel. Zunächst ist nur die Silhouette hinter Gitter zu erkennen, dann bewegen sich die Ohren der Braunbärin, ihr Kopf. Sie schnüffelt am Metall, kurz blitzt ihre Zunge auf.
Zwei Tierärzte begutachten die Bärin namens JJ4. Seit mehr als acht Stunden sind sie schon unterwegs. Am Abend zuvor haben sie Italien verlassen. Alle zwei Stunden hält das Team zur Kontrolle an, so wie jetzt, in Immenstaad am Bodensee.
JJ4 ist ein eher schmächtiger Bär, aufgerichtet keine 1,80 Meter groß, 133 Kilogramm schwer. Kaum schließt sich die Klappe wieder, bebt der Anhänger. ›Sie kann eben auch anders‹, sagt Nonnenmacher. ›Als Wildbärin ist sie sehr scheu, sie will weg vom Menschen, doch wenn sie keine andere Chance hat, geht sie nach vorn.‹
Nonnenmacher ist der Geschäftsführer des Alternativen Wolf- und Bärenparks Schwarzwald, dem künftigen Zuhause von JJ4. Er hat Bären aus der Ukraine transportiert, aus Spanien, Rumänien. Doch dieser Transport ist anders. Absolute Geheimhaltung wurde vereinbart. In Italien hatte ein Polizeiwagen den Aufbruch begleitet. Doch befürchtete Proteste von Aktivisten, die Freiheit für JJ4 fordern, blieben aus.
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