Überraschende Symbiose
Agnieszka Polska erzählt ein anderes Zusammenleben von Pflanze und Mensch.
Eine Pflanzenwelt, die sich organisch, wie in einem Traum, ausbreitet – ständig in Bewegung: mal als hybrid gestaltete Wesen, mal als Schimmern einer technischen Oberfläche, die an Natur und künstliche Welt erinnert und zwischen ihnen oszilliert.
So offenbart sich das Werk der polnischen Künstlerin Agnieszka Polska (*1985) in einer spekulativen Fabel mit dem Titel ›The Book of Flowers‹ (2023), in der Pflanzen und Menschen über lange Zeit in symbiotischer Beziehung miteinander leben.
In diesem abstrakten Kosmos von sich ständig neu erfindenden Pflanzen – mal an Blumen, mal an tentakelige Wesen erinnernd – wird eine Geschichte von Fortschritt erzählt, die vorherrschende anthropozentrische Visionen von wirtschaftlichem und technischem Fortschritt in Frage stellt. Hier wird eine Beziehung thematisiert, die durch Ausbeutung und menschlichen Größenwahn auf der Kippe steht.
Diese flimmernde, post-digitale Welt entstand mittels generativer KI-Videosoftware. Dabei werden schon vorhandene Bilder – also Bilder der Vergangenheit – durch Textelemente in neue Bilder transformiert. So entstehen Pflanzenwesen, die mal vertraut und dann wieder ganz fremd wirken. Vorstellungen, die
üblicherweise Orientierung bieten, wie Größe und Maßstab, werden hier ausgehebelt und gewohnte Hierarchien neu geordnet.
Ähnlich geht Polska auch auf erzählerischer Ebene vor: Sie bezieht sich auf historische Medienumbrüche, die die Geschwindigkeit der Informationsverbreitung, ihre Reichweite und damit unsere Gesellschaft maßgeblich verändert haben: Erfindungen wie der Buchdruck, die Dampflokomotive oder die Verbreitung von Social Media verschmelzen zu einer fiktionalen Erzählung dessen, was gewesen sein könnte. ›The Book of Flowers‹ öffnet so neue Möglichkeitsräume und stellt die Frage,
wie wir uns als Gesellschaft in Zukunft mit und in unserer Umwelt verhalten möchten.
›The Book of Flowers‹ ist bis 18. Jänner 2026 im Foto Arsenal Wien in der Gruppenausstellung ›Science/Fiction – A Non-History of Plants‹ zu sehen, die sich künstlerisch mit der Welt der Pflanzen auseinandersetzt. •
Magdalena Bösch ist kuratorische Assistenz am Foto Arsenal Wien, Österreichs neuem Zentrum für fotografische Bilder und Lens Based Media. www.fotoarsenalwien.at