Deutscher Pop
Nostalgie ist eine verzwickte Angelegenheit, macht aber trotz aller Verklärungstendenzen und dementsprechender Fehleranfälligkeit Spaß. Passend dazu, als Beitrag zur Pop-Geschichtsschreibung, erschien kürzlich das Buch ›Völlig Schwerelos. Glanz und Elend der deutschsprachigen Popmusik in 99 Songs‹. Der österreichische Musikjournalist Wolfgang Zechner erinnert darin auto-soziologisch an das
20. Jahrhundert im DACH-Raum.
Chronologisch beschreibt er Songs aus den 1950ern bis ins Jahr 2000, von Freddy Quinn und Caterina Valente über Ideal, Nena, Hans-A-Plast, Falco und Herbert Grönemeyer bis zu Tocotronic und Rammstein. Es ist Zechners gewitztem und ironischem Stil zu verdanken, dass man sich nach der Lektüre recht gut mit Punk und Neuer Deutscher Welle als Ausbruch aus biederer BRD-Eintracht auskennt und ein seltsames, vorab nicht zu erwartendes Interesse für Nachkriegsschlager entwickelt hat. Das Buch ist, wenngleich nicht besser als die Songs selbst, zumindest ein sehr brauchbarer Beipacktext. Denn leider fehlen historische Metaebene und kundige Reflexion im Musikjournalismus heutzutage oft. FM4 lässt schon seit geraumer Zeit intellektuell aus, Ö1 kann nicht alles machen,
Pitchfork wurde eingestellt, Spex sowieso.
Dementsprechend erfrischend ist es, fachlich fundierte und sich dabei selbst nicht allzu ernstnehmende Texte über Pop zu lesen und alte Bands neu zu entdecken. Schade nur, dass es ein solches Kompendium noch nicht für die Gegenwart oder zumindest für das 21. Jahrhundert gibt.
Wolfgang Zechner: ›Völlig schwerelos.
Glanz und Elend der deutschsprachigen
Popmusik in 99 Songs‹. Hannibal Verlag 2025