Die Pumpe aus dem Gemeindebau
Wien will raus aus dem Gas – und hat dafür einen starken Hebel: Ein Viertel der Bevölkerung wohnt im Gemeindebau. Schafft die Stadt die Wärmewende?
Hans Ertl war als erster da. Er hat keine Vormieter. Die Wohnung ist liebevoll eingerichtet, sie wirkt wie frisch vom Förderband, fast schon ungewöhnlich sauber und ordentlich. Blaues Tischtuch, Einbaumöbel, durch die weiße Wohnungstür dringt ab und zu dumpfes Hämmern. Wenn Herr Ertl heute aus dem Fenster schaut, sieht er mehr Bauarbeiter, Installateure und Elektriker als Nachbarn herumwuseln. Vor eineinhalb Jahren hat der Pensionist von hier aus noch die verschlammten roten Tiefenbohrer beobachtet. Vor vier Jahren hatte er noch eine andere Tür, andere Fenster, und auch die Außenwände waren dünner. Im Gemeindebau in der Deutschordenstraße ist vieles im Umbruch. Manche würden sagen, im Aufbruch.
Schuld an allem ist ein rechteckiges Gerät. Auch Herr Ertl hat eines davon, bei ihm hängt es in der Küche. Seine Gastherme ist eine von rund 800.000 österreichweit, davon sind 474.000 allein in Wien verbaut. Die Bundeshauptstadt ist wie keine andere Gemeinde in Österreich von Erdgas abhängig. Gut die Hälfte der Wienerinnen und Wiener ist darauf angewiesen, damit ihre Wohnung warm bleibt und es heißes Wasser zum Duschen gibt. 30 Prozent der städtischen Treibhausgas-Emissionen kommen vom Verbrennen des klimaschädlichen Gases. Wenn Wien 2040 klimaneutral sein will, wie im städtischen ›Klimafahrplan‹ festgelegt, muss sich das ändern.

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