Gute Nachbarschaft

Kulinarische Osterweiterung in Floridsdorf

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Illustration:
Blagovesta Bakardjieva
DATUM Ausgabe September 2025

Ein äußerst passender Ort, um die Speisen unserer östlichen Nachbarländer zu feiern, ist dort, wo Prager Straße und Brünner Straße aufeinandertreffen, nämlich in Wien-Floridsdorf. Vielleicht fürchten Sie den Nordosten der Stadt, aber da können Sie sich auch als Bildungsbürger ruhig mal hinaus trauen, Ihnen wird kein Zacken aus der Krone fallen, erweitern Sie Ihre Sphäre, dehnen Sie sich aus.

Im Gasthaus Nachbarn isst man nämlich in entspannter Wirtshausatmosphäre mit freundlicher Bedienung das, was man wegen der geografischen Nähe zu den Nachbarländern überall in der Stadt vermuten würde, was aber, wegen provinzieller Ignoranz, tatsächlich kaum wo zu finden ist, und schon gar nicht gemeinsam. Slowakische Halušky (Erdäpfelnockerl), tschechische Svíčková (Rindfleisch in cremiger Wurzelgemüsesauce), polnisches Bigos (Eintopf aus Sauerkraut und verschiedenen Fleischsorten) und ungarisches Paprikás (Ragout aus Paprika und Sauerrahm mit Fleisch- oder Fischeinlage) stehen neben österreichischem Gröstl.

Wie gesagt, man würde meinen, als interessierte Kosmopoliten wären die Wiener mit all dem längst vertraut, wüssten, wie man diese Gerichte korrekt ausspricht, es gäbe regen Austausch zwischen den Ländern, aber irgendwie ist seit dem Eisernen Vorhang viel schief gelaufen in dieser Beziehung. Ein Glück also, dass das Gasthaus Nachbarn einen Schritt Richtung Völkerverständigung macht, die bestimmt ebenso durch den Magen geht wie die Liebe. Und das Essen schmeckt toll, die Portionen sind angenehm üppig, ohne dabei zu viel zu werden.

Die Kuttelsuppe ist würzig mit Paprikapulver, Pfeffer und Kümmel verfeinert, die Germdampfknödel zum Schweinsbraten sind perfekt in ihrer Konsistenz, und die ungarischen Hortobágyi palacsinta (Fleischpalatschinken in Paprika-Sauerrahmsauce) machen besonders gute Laune. Dazu passt ein großes Glas Kofola, tschechisches Kräutercola, das geschmacklich an Anis oder Lakritze erinnert – oder einfach Bier, das mutmaßlich verbindendste Medium Mitteleuropas. •

Gasthaus Nachbarn · Prager Straße 4 · 1210 Wien

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