›Häupl ist eine seltene Ausnahme‹
Über Wiens nächsten Bürgermeister und Vorsätze für 2018.
Wer wird Wiens nächster Bürgermeister: Michael Ludwig oder Andreas Schieder?
Eigentlich Ludwig, weil Ludwig die Mehrheit hat oder sie zu haben glaubt. Aber eigentlich Schieder, weil Schieder ein gewiefter Taktiker ist, der in keine Schlacht zieht, ohne sich seines Sieges gewiss zu sein.
Wird das brutal?
Ja, egal was die beiden sagen. Wir werden es aber gar nicht so sehr mitbekommen. Denn die Brutalität wird sich hinter den Kulissen entfalten. Die beiden sind selbst gar nicht so brutal, ihr Umfeld aber sehr wohl. Anders als bei Christian Kern und Sebastian Kurz. Die Anhänger hassen einander mehr als die beiden Kandidaten.
Sind das zwei unterschiedliche Versionen für Wien?
Das denke ich nicht. Da geht es um einen über Jahre geführten Streit zwischen zwei Lagern – seit Brauner gegen Faymann. Da geht es um Außenbezirke gegen Innenbezirke, um Rot-Grün gegen Rot-Blau-Schwarz. Die einen wollen sich um die Grünwähler kümmern, die anderen sich um die Blauwähler.
Wieder keine Frau.
Und wieder keine Frau. Ich will niemandem schaden, fände aber Brigitte Ederer im Übergang für eine ideale Besetzung, um diese unversöhnlichen Lager zu einen.
Es gibt Stimmen, die weder Schieder noch Ludwig, sondern eine lachende Dritte als Siegerin sehen.
Und wen?
Ulrike Sima, Doris Bures, Joy Pamela Rendi-Wagner.
Wagner hat zu wenig Rückhalt in der Partei. Doris Bures wäre eine gute Bürgermeisterin, ist aber massiv Ludwig-Lager. Und Sima hat sicher die Power, aber nicht den Rückhalt.
Werden Sie Michael Häupl vermissen?
Ja. Auch wenn wir beide nicht die besten Freunde waren. Dennoch werde ich seine Schnelligkeit im Denken vermissen, seinen Intellekt und seinen Schwarzen Humor. Sowohl im Zynismus als auch im Intellekt ist er eine seltene Ausnahme in der österreichischen Politik. Nur vergleichbar, und das wird er ungern hören, mit Alfred Gusenbauer. Wobei Andreas Schieder in Sachen Zynismus Michael Häupl um nicht viel nachsteht.
Woran werden Sie sich erinnern?
An die vielen Interviews, in denen er mir das Gefühl gab, dass ich seine Zeit stehle. Meine Lieblingsszene war sicherlich, als er mir die Rolle des Restaurant- und Beislkritikers wünschte, weil ich mich da im Gegensatz zur Politik richtig auskennen würde.
Wir sehen kommendes Jahr vier
Landtagswahlen.
Salzburg, Tirol und Niederösterreich sind gut gemähte schwarze Wiesen. Spannend wird Kärnten als erster Test für die Regierungsarbeit der FPÖ. Denn machen sie es gut, dann wird Kärnten wieder blau.
Fernab der österreichischen Innenpolitik wird 2018 auch etwas Spannendes für uns bereithalten: die Fußball-WM. Schon nervös?
Italien ist nicht dabei. Und eine Fußball-WM ohne Italien ist nicht echt.
Haben Sie einen Vorsatz für 2018?
Fokussierter zu sein. Und auch in meinem privaten Leben der ureigensten Journalistenpflicht nachzukommen: Das Irrelevante vom Relevanten trennen zu können. Weniger Zeit mit dem Handy in der Hand und mehr Zeit mit meinen beiden Töchtern.
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