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Interview mit einem Scharlatan

Andreas Kalcker behauptet, ein billiges und hochwirksames Mittel gegen Covid-19 gefunden zu haben : Chlordioxid. Den Glauben daran haben bereits zahlreiche Menschen mit schweren Gesundheitsschäden bezahlt. In Österreich darf Kalcker trotzdem noch Seminare abhalten.

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Illustration:
Nele Fierdag
DATUM Ausgabe November 2020

Ein kleines Hotel mit Restaurant und Seminarraum in einem Dorf südlich von Wien. Die Lage ist idyllisch, es gibt hier Wildwochen, einen Genussbrunch und eine › Vitalpraxis ‹, betrieben von den beiden Besitzern. Dieses Wochenende aber ist Andreas Kalcker zu Gast. Sein Abendvortrag heißt : › Chlordioxid – Wunder oder Gift ? ‹ Darauf folgt ein viertägiges Seminar in zwei Wochen­end-Modulen, Kostenpunkt etwa 1.400 Euro pro Person. 

› Die Seminare richten sich an all diejenigen, die sich durch die Anwendung von biophysikalischen Gesetzmäßig­keiten im Alltag Erleichterung verschaffen wollen ‹, steht in der Beschreibung. Was nicht darin steht : Kalcker ist der zentrale Motor für den Glauben, dass Chlordioxid – eine reizende Substanz, die eigentlich als Bleiche und indus­trielles Desinfektionsmittel eingesetzt wird – vor Corona schützt und Covid-19 heilt. 

Präsident Trump schlug das Mittel zum Entsetzen von Ärzten und Gesundheitsbehörden vor. Zehntausende in Süd­amerika nehmen es, die Verletzungen nehmen zu, Behörden auf der ganzen Welt verbieten den Verkauf und warnen vor Verätzungen und schweren gesundheitlichen Folgen. Der Mann, der dieses Wochenende hier ein Seminar hält, ist die Wurzel dieses Hypes. Googelt man seinen Namen, erscheint in bestimmten Regionen als erstes eine bezahlte Warnung der WHO : › Don’t drink chlorine dioxide. It does not prevent ­Covid. ‹

Auf dem Parkplatz stehen Autos aus ganz Österreich und ein Wagen aus der Schweiz, dem derzeitigen Wohnsitz Andreas Kalckers. Ein Mann verspricht uns, dass er Kalcker in der nächsten Seminarpause fragen wird, ob er Zeit für ein Interview hat. Polizei ist keine in Sicht. 

Wir sind von einer irischen Aktivistin auf das Seminar aufmerksam gemacht worden : Fiona O’Leary kämpft seit einem Jahrzehnt gegen Kalckers Methoden. › Er ist ein Verbrecher, der Menschenleben auf dem Gewissen hat ‹, sagt sie. Selbst Mutter von drei autistischen Kindern, hat sie Kalcker nicht wegen Covid im Visier, sondern wegen seines Versprechens, Autismus behandeln zu können. 

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