›Sneakers sind wie Plastiksackerl an den Füßen‹
Name: Thomas Schikola, 47
Beruf: Schuhmacher/Schuster
Warum sind Sie Schuhmacher geworden?
Studieren war für mich keine Option. Ich habe in ein paar Berufe hineingeschnuppert – Elektriker, Mechaniker, Tischler – und bin schließlich 1994 beim Schuster hängen geblieben. Da arbeitet man in der Werkstatt und nicht draußen in der Kälte. Mein Urgroßvater war schon Landschuster, vielleicht liegt’s in den Genen.
Wie verlief Ihre Ausbildung?
Ich habe eine Lehre als Orthopädie-Schuhmacher im Burgenland gemacht, drei Jahre lang. Danach die Gesellenzeit, woraufhin ich in Wien bei einem Schuhmacher gelandet bin. Fünf Jahre habe ich bei ihm gearbeitet, bevor ich das Geschäft übernommen und die Meisterprüfung gemacht habe.
Was müssen Sie als Schuhmacher können?
Maßschuhe anfertigen und natürlich Schuhe reparieren. Sohlen neu machen, Absätze verstärken, Näharbeiten am Leder, Sohlen kleben. Bei Damenschuhen sind Schutzsohlen sehr gefragt. Viele bringen neue Designer-Schuhe sofort vorbei, damit die Ledersohle länger hält. Das ist wie beim Auto: gleich
den Außenlack versiegeln, dann hat man länger Freude.
Lässt die Qualität von Schuhen nach?
Es gibt viel Billigware aus Asien, aber die landet selten bei mir. Ab hundert, 150 Euro aufwärts lohnt sich eine Reparatur. Sneakers sind ein Riesenthema geworden. Früher hat die niemand reparieren lassen, heute bringt sie mir jeder, vom Teenager bis zur älteren Generation.
Gefällt Ihnen dieser Sneaker-Trend?
Zu Jeans oder sportlich? Kein Problem. Aber Sneakers zum Anzug? Das ist für mich ein Stilbruch. Wie wenn man einen Ferrari fährt und billige Reifen draufzieht.
Was macht einen guten Schuh aus?
Außen Leder, innen Leder. Viele schwören auf Ledersohlen, aber praktisch sind sie nicht unbedingt. Sie nutzen sich schnell ab und halten bei Nässe schlecht. Sneakers haben oft Gummisohlen. Da geht kein Wasser rein, der Schuh kann aber auch keine Flüssigkeit, also Schweiß, aufnehmen, weshalb die Füße schneller stinken. Billige Sneakers sind nichts anderes als Plastiksackerl an den Füßen.
Und was tun gegen Fußgeruch?
Der Grund für schlechten Geruch liegt fast immer am Futter. Kunststoff lässt die Füße schwitzen. Lederfutter nimmt die Feuchtigkeit auf. Danach unbedingt unlackierte Zedernholzspanner rein und die Schuhe mindestens 48 Stunden trocknen lassen. Ideal sind drei Paar Schuhe zum Wechseln.
Womit machen Sie das meiste Geld?
Mein Geschäft lebt zu 40 Prozent von Reparaturen, zu 40 Prozent von Maßschuhen, der Rest ist Zubehör. Das geht von Gehstöcken bis zu Schuhpflegematerial.
Wie viel verdient ein Schuhmacher?
Ein Schuhmachergeselle verdient laut Kollektivvertrag brutto 2.200 Euro. Das ist nicht viel und sollte höher sein. Das sage ich auch als jemand, der selbst einen Gesellen anstellt. Aber auf der anderen Seite ist das Geschäft nicht mehr so gut wie früher und die Materialkosten steigen.
Wie löst man dieses Problem?
Den Leuten muss bewusst sein, dass ein Maßschuh viel Arbeit ist. Ein Paar kostet rund 1.500 Euro. Klingt viel, aber daran sitzt man 20 bis 25 Stunden. Wenn ein Mechaniker 20 Stunden am Auto arbeitet, ist die Rechnung auch hoch.•
Zahlen und Daten
2014 gab es in Österreich 24 Lehrlinge in der Schuhmacherei, 2024 sind es nur mehr sieben – Tendenz sinkend. Derzeit arbeiten 118 Schuhmacher und 10 Holzschuhmacher im Land, dazu kommen 229 Betriebe für Schuhreparaturen.
Quelle: WKÖ