Alles unter einem Hub
Der Wiener Zmary Gharwal mixt soziale Arbeit mit Technologie.
Es ist Herbst 2015, das Team von Zmary Gharwal lernt am Grenzübergang Spielfeld einen Flüchtenden aus Syrien kennen, dessen Rollstuhl defekt ist. Warten ist keine Lösung, die Familie muss weiter, Ziel: Schweden. ›Wir kannten die Routen, die Logistik in Bussen und Zügen, die Zeitfenster.‹ 24 Stunden später nimmt der Mann in München einen neuen Rollstuhl entgegen. 2.000 individuelle Lösungen schafft Gharwals Team in jenem Herbst entlang der Flüchtlingsroute. Der ›SocialWorkHUB‹ ist geboren. Ungeplant, spontan. ›Es gibt in jedem Land Verbände von Sozialarbeitern. Wir mobilisierten eine grenzüberschreitende, tech-affine Lösungstruppe. Sie fing dort an, wo das UNO-Flüchtlingshilfswerk aus Effizienz- und Mandatsgründen aufhören hatte müssen.‹ Gharwal ist Wiener und studierter Jurist mit Schwerpunkt Europarecht.
Als Sohn einer Österreicherin und eines Afghanen verbrachte er zwei Kindheitsjahre im Krieg in Afghanistan. In den 1990ern tauchte er in die Tech-Welt ein, spezialisierte sich auf Online-Kommunikation, begleitete in New York den ersten Wahlkampf von Barack Obama. Gharwal mixt Entrepreneurship mit Empathie, Online-Innovation mit Leistungen für die Schwächsten; öffentliche Förderungen nimmt er nicht an. Der Erfolg von 2015 spornt Gharwal an, ab jetzt Tech und den Sektor der sozialen Arbeit gezielt miteinander zu verknüpfen, wobei das Feld sämtliche Gruppen von Behindertenbetreuern über Jugend- und Sozialarbeitern bis hin zu Lebens- und Sozialberatern umfasst. Gharwal: ›Wenn Airbnb Wohnraum und Uber Mobilität makeln, welche Internet-Drehschreibe könnte soziale Arbeit über das komplette Spektrum hinweg makeln? Wenn Fundraising, Organisationsentwicklung, Rechtsbeistand, Kommunikation selbst kleinste Vereine betreffen – wie lässt sich das über eine zeitgemäße Online-Börse realisieren?‹ Gharwal träumt davon, dass Vertreter der sozialen Arbeit gegenüber Risikokapitalisten so zukunftssicher auftreten wie Technologie-Start-ups, und sie in Wien oder Brüssel so mitmischen wie andere Lobbyisten. Im Jänner 2019 will er auf dem Areal des Wiener Franz-Josef-Bahnhofs den ›SocialWorkHUB‹ auch als physischen Ort eröffnen, als Mischung aus Coworking Space und global-lokaler Drehscheibe für soziale Arbeit. ›Jeder kann fragen: wo das nächste Eltern-Kind-Zentrum ist, wie ich mich engagieren kann, ob Wohnen ein Menschenrecht ist.‹
Der Hub bietet Dienstleistungen am freien Markt an, der dadurch erzielte Gewinn wird für Projekte verwendet. Etwa 2017, als angesichts der Hurrikan-Schäden in Costa Rica ein Anruf kam. ›Aus Wien heraus haben wir für Betroffene in Costa Rica Versorgung ermöglicht‹, erzählt Gharwal. Und Europa? ›Der europäische Gedanke heißt, die Gemeinsamkeit zu fordern und zu fördern. Da gibt es noch so viel zu tun! Seit 2015 denke und lebe ich europäisch. Ich werde niemals dem Populismus verfallen, auch niemals Resignation verspüren.‹ Verfügte er über fünf Millionen Euro, Gharwal würde sie in die Umsetzung eines Menschenrechts investieren. ›Artikel 26, das Recht auf Bildung.‹ Ausformuliert wurde dieses bereits vor 70 Jahren, fügt er ungeduldig hinzu. •
Zmary Gharwal bietet über seinen Wiener ›SocialworkHUB‹ soziale Dienstleistungen global an. Infos unter: www.socialworkhub.at