Internationale adé
Die Reaktion auf die Selenskyj-Rede im Parlament hat gezeigt: Außenpolitik ist in der SPÖ zu einer Leerstelle verkommen. Hat einer der Kandidaten für den Parteivorsitz den Willen und die Fähigkeit, das zu ändern?
Bruno-Kreisky-Zitate sind in der SPÖ wahrlich keine Seltenheit, dieser Tage aber stehen sie besonders hoch im Kurs. Jede und jeder der drei Kontrahenten um den Parteivorsitz bedient sich in der einen oder anderen Form der Positionen des legendären roten Kanzlers und Parteichefs – seine ›aktive Neutralitätspolitik‹ führen sowohl Pamela Rendi-Wagner als auch Hans Peter Doskozil und Andreas Babler im Munde. Spricht man aber mit aktivem wie ehemaligem SPÖ-Spitzenpersonal hinter vorgehaltener Hand, sind gänzlich andere Töne zu hören. Im Grabe würde sich der mystifizierte SPÖ-Chef umdrehen, würde er sehen, was aus seinem außenpolitischen Erbe geworden ist, sagt etwa ein ranghoher ehemaliger SPÖ-Abgeordneter, der seinen Namen nicht in DATUM lesen möchte.
Die Zeiten, als die SPÖ außenpolitische Themen setzen konnte, in internationalen Konflikten vermittelte, Initiativen vorantrieb, sind lange vorbei. In außenpolitischen Fragen ergreift die SPÖ kaum die Initiative, ist stattdessen gezwungen zu reagieren, wenn FPÖ und ÖVP Fragen von internationalen Belangen aus innenpolitischem Kalkül instrumentalisieren – etwa beim EU-Außengrenzschutz, bei Migrationsthemen und vor allem beim Thema Neutralität. Nicht nur gelingt es der Partei nicht, in dem einst für sie so wichtigen Feld ihr Profil zu schärfen, die Genossen schaffen es kaum mehr, in außenpolitischen Fragen eine gemeinsame Linie zu finden. Nicht erst seit Russlands Überfall auf die Ukraine macht die SPÖ durch einen bemerkenswerten Schlingerkurs Schlagzeilen. Und diesen hat, zu einem wesentlichen Teil, die noch amtierende Parteichefin zu verantworten.
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