Löcher im Netz
Wer nach Fendels will, braucht ein Auto oder viel Geduld. Das Tiroler Bergdorf ist einer der weißen Flecken auf der Landkarte des öffentlichen Verkehrs. Ein Besuch.
Gibt es denn keine Karten für die Gondel mehr?‹, sage ich und blicke zwischen dem leeren Kassahäuschen und dem einsamen Stationsleiter mit weißem Kapitänsbart hin und her. Auf meine Frage antwortet er mit armverschränktem Schweigen, schließlich weist mich sein sonnengegerbter Zeigefinger zu einem Touchscreen. Wenig später steige ich als wahrscheinlich letzter Fahrgast für heute allein in die Kabine. Momentan bin ich nur dankbar, nicht den Berg hinaufwandern zu müssen. Sieben Stunden nach Beginn meiner Reise ist mein Ziel endlich in Sichtweite. Ich will von Wien nach Fendels. Und wer nach Fendels will, braucht entweder ein Auto oder viel Geduld.
Das Tiroler Bergdorf ist eine von nur acht österreichischen Gemeinden, in denen es keine einzige Bushaltestelle, keinen einzigen Bahnsteig gibt und die laut Österreichischer Raumordnungskonferenz nicht einmal die Bedingungen für Basiserschließung erfüllen. Die Fendler, Pfaffinger und Holzhausner müssten zur nächsten Station 40 bis 70 Minuten Fußweg auf sich nehmen. Ihre Orte sind abgeschnitten von unserem Öffi-Netz und stehen stellvertretend für die Verkehrsprobleme im ländlichen Raum. Meine Reise vom bestens erschlossenen Wien in die schwer erreichbaren Berge Tirols ist deshalb auch eine Reise zu den weißen Flecken der Mobilitätswende.
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