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Die geschlossene Gesellschaft und ihre Freunde

Der Höhenflug der Freiheitlichen ist auch das Ergebnis jahrzehntelanger Selbstverzwergung der politischen Mitte. Eine Warnung vor der verfrühten Flucht in die Resignation.

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Fotografie:
Jörg Auzinger
DATUM Ausgabe Februar 2025

Die Eisentür fiel mit lautem Knall ins Schloss. Der Garten, das Haus, das war Sicherheit an diesem herrlich lauen Frühlingsabend am Vortag der Parteitages der FPÖ am 1. Mai 2000. Es hätte in diesen Abendstunden ein schöner Spaziergang durch die Stadt Klagenfurt sein können. Geworden ist es ein Spießrutenlauf.  Ich konnte die aggressiven Zurufe von den Tischen vor Kaffeehäusern nicht überhören: ›Da schau, de Linke‹, ›Hearst fahr zurück nach Wien‹, ›Was suchst denn da‹, ›Ihr Linken werds euch noch ‹anschauen‹ et cetera.

Am Weg vom Neuen zum Alten Platz durch die schmalen Gassen, vorbei an den Bars, hatte ich die schäbigen Zurufe nicht erwartet. Da saßen nun die Freiheitlichen und ihre Freunde, strotzend vor Stolz über die zweite Regierungsbeteiligung der Freiheitlichen in der Zweiten Republik. Sie hielten diese offenbar für einen Freibrief für Beschimpfungen. Vielleicht hätte ich später die Eisentür nicht zuziehen sollen, vielleicht hätte ich mich an einen Tisch neben die Krakeeler setzen und mit ihnen diskutieren sollen. 

Es war schließlich Klagenfurt. Was hätte schon passieren können?

Aber in dieser Sommernacht kamen mir Beschwichtigungen nicht in den Sinn, obwohl Jörg Haider am nächsten Tag als Chef der FPÖ zurücktrat und seiner damaligen Stellvertreterin Susanne Riess-Passer den ›Vortritt‹ in eine Regierung mit der ÖVP gelassen hat. 

War das noch die Zweite Republik, wie wir sie bis dahin kannten?

Sechs Jahre zuvor hatte Haider ein Buch veröffentlicht (›Die Freiheit, die ich meine‹), in dem viele ein Konzept für eine ›Dritte Republik‹ sahen. Es zielte auf den Umbau des Staates in ein Präsidialsystem, auf die Entmachtung der Parteien, auf die Zusammenlegung der Sicherheitsministerien Inneres und Heer, auf die Einführung eines Arbeitsdienstes und einen äußerst restriktiven Kulturbegriff ab, auf einen ›Führerstaat‹ eben. Die Aufregung war groß, aber nicht nachhaltig. 

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