Eine Insel des Möglichen

Wie die Managementtheorie des Peter Drucker nachwirkt.

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Foto:
Jeff McNeill
DATUM Ausgabe Dezember 2019

An die Gefahren der Umweltzerstörung reichen höchstens die Gefahren weltweiter Aufrüstung heran‹, schrieb 1994 der US-amerikanische Management-­Vordenker Peter Drucker im Atlantic Monthly. ›Derweil haben wir nicht einmal die Ansätze einer politischen Theorie und politischer Institutionen geschaffen, die für effektives Regieren in Wissensgesellschaften nötig sind. War das 20. Jahrhundert eines der sozialen Umbrüche, so braucht das 21. Jahrhundert soziale und politische Innovationen.‹

Peter Drucker wurde 1909 in Wien geboren, studierte Jus und Geschichte in Hamburg, arbeitete als Journalist in Frankfurt. 1933 emigrierte er nach London, 1937 in die USA. Lehre und Publikationen bis zu seinem Tod 2005. Er ist einer jener jüdischen Intellektuellen, deren reichhaltiges geistiges Erbe hierzulande erst in jüngerer Zeit breit wahrgenommen und gelehrt wird. Die meisten assoziieren Druckers Schlussfolgerungen mit der Arbeit in großen Firmen oder auch Organisationen wie Kirchen und Kliniken. Unter Peter Druckers Namen findet jährlich ein globales Forum in Wien statt, so auch wieder Ende November 2019. Es versammelt Praktikerinnen und Praktiker, Akademikerinnen und Akademiker aus aller Welt zur Frage guten Führens und Organisierens.

Was erzählt Drucker uns über Politik ? 

Legendär seine Aussage nach einer Begegnung mit dem Ökonomen John Maynard Keynes : › Diese Ökonomen fragten alle, wie verhalten sich Waren und Dienstleistungen. Ich frage mich, wie verhalten sich Menschen ? ‹ Spannend wurde es für Drucker vor allem da, wo Pädagogen von › Stärken stärken ‹ reden. Was sollen Entscheider tun ? Probleme lösen, das war für ihn immer klar. Noch wich­tiger jedoch: das Feld der ungeahnten Möglichkeiten bestellen. Konsequent. Mit Aufmerksamkeit, Ressourcen, Tag für Tag.

Für Städte, Ministerien, aber auch etwa für die Sozialpartnerschaft, Universitäten, den ORF könnte der verordnete Möglichkeitssinn Fragen aufwerfen wie : › An welche Maßnahmen haben wir in dieser scheinbar vertrackten Pattstellung noch nie gedacht ? ‹ – › Wie können wir die lebendige Szene von Datenaktivisten in Osteuropa fördern ? ‹ – › Möchten wir für diese Frage den Spieß umdrehen und die Nutznießer oder Bürger als Ratgeber ­einladen ? ‹ Oder : › Wie kann die nächste Bundesregierung Österreichs Stärken wie Lage und Wirtschaftsleistung europa­politisch übersetzen ? Ja, wie können wir 2020 unsere ersten 25 Jahre in der EU treffsicher feiern ? ‹ 

Dazu drei Beispiele, Nummer eins : Gerade der Weg Österreichs in die EU und die Erweiterung gelten als beacht­licher, aber bisher letzter Projekterfolg der Sozialpartnerschaft. Wie könnten wir heute an diesen Erfolg anknüpfen ? Beispiel zwei : Parlament, Regierung oder beide gemeinsam könnten wendige, ­parteiübergreifende Klima-Task-Forces in die Nachbarländer entsenden – gut für un­sere Gesprächsbasis in der Region und gut für die Erfolgsaussicht eines European Green Deals. Beispiel 3 : Österreich und andere Länder wollen einen neuen EU-Vertrag. Ein › Treaty of Vienna ‹ könnte ab sofort hier ausgearbeitet werden. Nach dem Motto › Stärken stärken ‹ eben.

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