„Eine neue Brille ist wie eine neue Frisur“

·
Fotografie:
Ursula Röck
DATUM Ausgabe Mai 2024

Name: Eva Ganglberger, 53  

Beruf: Augenoptikerin bei Wien Optik

Sind Sie Augenoptikerin geworden, weil Sie selbst eine Brille tragen?

Nein. Ich wurde Optikerin, weil es meine Horrorvorstellung war, den ganzen Tag in einem Büro zu sitzen. Ich wollte etwas machen, wo ich unterschiedliche Aufgabengebiete habe. Die Idee, Verkaufen von Brillen und Arbeiten in einer Werkstatt miteinander zu verbinden, hat mir einfach gut gefallen.

Welche Tätigkeiten fallen für eine Optikerin den ganzen Tag an?

Es kommt darauf an, in welchem Geschäft man arbeitet. Es gibt Unternehmen, die auf Verkauf ausgelegt sind, und Optiker wie der, bei dem ich arbeite, haben eine Werkstatt dabei. Bei uns werden die Gläser in der Früh geliefert und wir machen aus Fassung und Gläsern dann die fertige Brille.

Und dann?

Bin ich im Verkauf und mache, was sonst noch ansteht. Es gibt Tage, da ist die ›Bude‹ bummvoll, da komme ich aus dem Verkaufen nicht mehr heraus, und an manchen Tagen bin ich dafür länger in der Werkstatt. Diese Vielseitigkeit gefällt mir.

Gibt es sogenannte Brillengesichter, also Menschen, denen eine Brille besonders gut steht, wirklich?

Ja, es gibt wirklich Menschen, die können jede Brille tragen und jeden Hut aufsetzen. Das sind Menschen mit einem ovalen Gesicht. Da muss dann nur noch die Größe passen. Grundsätzlich gibt es aber für jeden die richtige Brille.

Kommen zu Ihnen auch Menschen, die eine Brille nur als Accessoire tragen?

Ja, durchaus. Zuletzt sind vor allem die Menschen mehr geworden, die keine Brille brauchen, aber einen Blaulichtfilter für die Arbeit am Computer haben wollen. 

Was machen Sie, wenn sich Kunden einfach nicht entscheiden können?

Ganz viele kommen dann noch einmal mit der Freundin oder dem Freund in das Geschäft. Kunden können sich die Brillen in ihrer engeren Auswahl auch abfotografieren und dann zu Hause noch einmal in Ruhe anschauen. Extrem entscheidungsschwache Menschen müssen sich woanders Hilfe holen. Ich würde nie jemandem eine Brille einreden, die er nicht will. Das geht immer schief.

Wie findet man also die passende Brille für sich?

Die Größe muss passen. Das gilt für Kleider und das gilt für die Brille. Natürlich kommt es auch darauf an, was gerade in Mode ist. Im Moment sind das bei den Farben ›Nude‹-Töne wie Rosé oder Champagner. Vor zehn Jahren gab es nur schwarz und braun. Außerdem wurden Brillen in den letzten Jahren immer größer. Sie werden aber wieder kleiner, weil größer können sie nicht mehr werden. Sich an das Neueste anzupassen, fällt aber oft schwer. Ich sage immer: Eine neue Brille ist wie eine neue Frisur. Man sieht sich im Spiegel und sieht auf einmal komplett anders aus. Das ist für viele ein großer Schritt.

Auf was achten Sie selbst beim Brillenkauf?

Ich habe ein Kindergesicht. Das bedeutet, mir passen 90 Prozent der Brillen, die angeboten werden, gar nicht. Sie sind mir zu groß und deshalb ist meine Auswahl klein. Wenn Kunden kommen, die auch ein kleines Gesicht haben und mich zufällig erwischen, freuen sie sich, weil ich ihnen genau die passenden Modelle zeigen kann.

Wieviel hat Ihre Brille gekostet?

Meine Gleitsichtbrille würde fertig rund vierzehnhundert Euro kosten.

Und können Sie sich das mit Ihrem Gehalt gut leisten?

Ich bin 20 Stunden angestellt und verdiene 1.700 Euro netto. Zusätzlich arbeite ich noch einmal in der Woche für einen halben Tag bei einer Augenärztin. Deshalb müsste ich es planen, aber die Brille ist für mich sowieso eine Investition in Lebensqualität. Man sollte beim Kauf auf Trage- und Sehkomfort
achten, denn eine Brille trägt man täglich. •

Zahlen und Daten

60 Prozent der österreichischen Bevölkerung benötigen eine Sehhilfe, davon 65 Prozent Frauen und 55 Prozent Männer.

Mehr als 1,5 Millionen Österreicher kauften sich 2023 eine neue Brille.

Der meistverkaufte Brillen-typ ist mit 38 Prozent die Fernbrille, die Nachfrage steigt vor allem bei Jugendlichen aufgrund zunehmender Kurz-sichtigkeit.

Die Berufsgruppe der Augen- und Kontaktlinsen-optiker hat 1.570 Mitglieder.

Im Jahr 2023 wollten insgesamt 803 Lehrlinge den Beruf des Augenoptikers lernen, davon 595 Frauen und 208 Männer.

Quellen: WKO, AMS