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›Das Schlimmste ist Humorlosigkeit‹

Über Sebastian Kurz, Willi Molterer und Armin Wolf.

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Interviewter:
Rainer Nowak, Chefredakteur ›Die Presse‹
DATUM Ausgabe Juni 2017

Nun ist also geschehen, was Sie oftmals gefordert haben: Die ÖVP ist vor Sebastian Kurz auf die Knie gegangen.
Bei unseren letzten Gesprächen ist bei manchen DATUM-Lesern der Eindruck entstanden, ich sei Christian-Kern-Deuter. Und jetzt gelte ich plötzlich als der große Kurz-Versteher? Das ist zu viel der Ehre.

Aber überrascht waren Sie nicht.
Nein. Eher über viele Kommentatoren wie meine Kollegin Anneliese Rohrer, die jahrelang schreiben, man müsse die ÖVP neu aufstellen, Länder und Bünde entmachten. Dann macht das einer mal am Papier und schon heißt es, er sei ein Mini-Erdoğan und die Partei kastriert. Das ist absurd. Die jahrelange Beschäftigung mit der ÖVP ist nicht gut für die Psyche.

Kaufen Sie den vielen ÖVP-Chefs ab, dass sie Kurz werden werken lassen?
Ich bin zu lang im Geschäft, um irgendwem irgendwas abzukaufen. Nicht einmal mehr Irmgard Griss kauf ich ab, dass es ihr nur um ein besseres Österreich geht. Ich denke, die ÖVP wird Sebastian Kurz in vielem, fast allem, folgen, solange er Erfolg hat. In der Sekunde, wo er entweder bei den Wahlen oder – was aus heutiger Sicht die wahrscheinlichere Variante ist – am Verhandlungstisch verliert, ist das vorbei mit der Partei.

Was machen denn nun die Neos, die aus dem Frust heraus entstanden sind, dass sich die ÖVP nicht öffnen, nicht erneuern, nicht verjüngen will?
Die Neos haben dasselbe Problem wie früher die Grünen: Sie sind eine Lebensgefühlpartei. Sie haben sich von der ÖVP auch deswegen getrennt, weil die Volkspartei der Inbegriff für uncool war. Erinnern wir uns an Willi Molterer, der das Sakko über die Schulter trug, um locker zu wirken. Jetzt wird die ÖVP wieder cooler. Das macht die Neos zu Recht so nervös. Die Aggressivität, die Verbissenheit und der Furor der Neos gegenüber Kurz ist fast größer als bei den Linken. Während die Kurz inhaltlich kritisieren, geht es bei den Neos vielleicht auch um Verletzungen.

Es ist in gewissem Sinn eine innerfamiliäre Auseinandersetzung.
Genau. Und nur da kann man so streiten, weinen, beißen. Aber ich bewundere manche Neos-Politiker: das Selbstbewusstsein, das Sendungsbewusstsein und diese Ausstrahlung, man sei im Besitz der Wahrheit. Das hätte ich auch alles gerne.

Das strahlen mitunter auch Sie aus.
Ich? Aber geh! Jeder vierte Witz geht auf meine eigenen Kosten. Aber das ist wohl eine besondere Form der Eitelkeit, zugegeben. Das Schlimmste ist Humorlosigkeit, der Bierernst, mit dem manche einen Leitartikel schreiben, als wäre das gerade das Wichtigste auf der Welt.

Alexandra Föderl-Schmid wird den ­Standard nach zehn Jahren verlassen. Was bedeutet das für die Presse?
Ich verliere ein sehr berechenbares und sehr kollegiales Gegenüber. Wir haben uns im positiven Sinne leben lassen und verstanden, dass der Gegner des Qualitätsjournalismus nicht der Qualitätsjournalismus ist, sondern der Boulevard. Das kann sich unter dem Nachfolger ändern.

Haben Sie einen Wunschkandidaten?
Nein.

Wie wäre es mit Armin Wolf? Bekannt, kompetent, liberal, eine starke Marke.
Interessanterweise hab ich mir das auch schon gedacht.

Und wenn Schwarz-Blau kommt, wäre er vielleicht bald nicht mehr am Schirm.
Er ist dann erst recht am Schirm, weil sich die das nicht erlauben könnten. Aber ich denke oder besser, ich fürchte, die bekommen einen erfahrenen Blattmacher und Digitalprofi, der den Wettbewerb wieder sportlicher gestalten wird. Aber vielleicht provoziere ich Armin Wolf einfach so lange, bis er zusagt.