›Wir werden vom Staat bevormundet‹

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Fotografie:
Ursula Röck
DATUM Ausgabe Juni 2020

Name : Ernst Krammer, 48

Beruf: Gastwirt in Kaltenleutgeben

 

Wie lange führen Sie die ›Wiener Hütte ‹ schon? 

Ich habe sie 2018 übernommen. Sie stand lange leer, ich dachte mir: Da lassen wir ein paar Arbeitsplätze ent­stehen, da haben wir es lustig. Eigentlich bin ich Landwirt, war aber auch schon früher in der Gastronomie tätig.

Was hat sich seit 15. Mai, als Sie wieder aufsperren durften, ver­ändert? 

Es passiert wirklich nichts anderes als ein großes Kas­perltheater. Ich war während des Lockdowns gezwungen, all meine Mitarbeiter zu kün­digen, sonst hätte ich gar nicht mehr aufsperren kön­nen. Jetzt habe ich alle wieder eingestellt. Bei Nor­malbetrieb wäre das auch notwendig, ­­al­lerdings haben wir jetzt zwi­schen 25 und 30 Prozent  we­niger Umsatz am Sonntag. Von Freitagen und Samsta-
gen will ich gar nicht erst anfangen. 

Empfinden Sie die Auflagen als nachvollziehbar?

Nein, die Maske für die Kellner etwa, sie zupfen ständig daran herum. Am Ende gehen so wahrscheinlich noch mehr Keime von der Maske aus. Außerdem ist sie un­zumutbar. Wir haben es im Gastgewerbe ja mit einem Stressgeschäft zu tun, die Maske behindert die Atemwege. 

Sie fühlen sich also nicht gut unterstützt von der österreichischen Regierung?

Es ist eine Katastrophe. Die Geschichte, man unterstütze die Gastronomie mit 500 ­Millionen Euro – Kasperlthe­ater! Maßnahmen, die für gar nichts sind. Viele würden jetzt einen kleinen Kredit brauchen, den sie ohne große Sicherheiten aufnehmen kön­­nen, aber das bleibt unmöglich. Ich habe zum Glück nebenbei die Landwirtschaft, mit der ich das gesamte Jahr über verdiene.

Wie viel verdienen Sie denn im Normalfall mit der Gastronomie?

Seit ich die Wiener Hütte habe: noch gar nichts. Da muss man zuerst einmal investieren. Es bleibt einem nichts, obwohl ich 90 Stunden die Woche arbeite.

Haben Sie während des Lockdowns Maßnahmen gesetzt, um den Betrieb am Laufen zu halten?

Nein, ich hätte die Kosten für den Kurzarbeit-Betrieb nicht hereinholen können. Jetzt denke ich mir: Ja, geben wir wieder Gas. Ich arbeite besser, wenn das Geschäft nicht so gut rennt. Man zeigt, was geht.

Wie hat sich die Branche verändert?

Wenn man bedenkt, wie viele Arbeitsplätze die Gas­­tronomie schafft, macht man es ihr mit der Bürokratie sehr schwer. Wir werden heu­te vom Staat bevormundet, als hätten wir einen IQ von 40.

Warum bleiben Sie dennoch dabei?

Man kommt von der Gastronomie irgendwie nicht los. Meine Angestellten leben vom Betrieb, und es ist schön, das mit ihnen zu teilen. Ich denke, unser Konzept ist gut und das wird sich auch herausstellen.

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