Abdullah und die starken Frauen
Das Königshaus von Jordanien spielt eine Schlüsselrolle im eskalierenden Nahost-Konflikt. Sein Trumpf: kluge Heiratspolitik.
Historische Momente sind derzeit im Nahen Osten dicht gesät. Allen voran der 7. Oktober 2023, Tag des fürchterlichen Angriffs der Hamas-Terroristen auf Israels Bevölkerung. Der Moment wird wahrscheinlich in die Geschichte als Anfang einer neuen Ära eingehen. Wie sie aussieht, ist noch offen. Entweder als Beginn eines endlosen Konflikts oder als Schock, der erst einen verheerenden Krieg um den Gaza-Streifen auslöste, langfristig aber zum Anstoß für eine Kraftanstrengung hin zu einer Friedenslösung wird. Der 14. April 2024 gilt als nächster Meilenstein, als Vorentscheidung zwischen diesen zwei Optionen. Nach jahrzehntelanger tiefer Feindschaft, wüster Vernichtungs-Rhetorik griff die Islamische Republik Iran erstmals direkt Israel an. Der Krieg drohte sich auf die gesamte Region auszuweiten. Doch der Angriff versandete. Eine Schlüsselrolle spielte dabei Jordaniens 62-jähriger König Abdullah, dessen Schicksal auch über diesen kritischen Moment hinaus darüber mitentscheiden dürfte, in welche Richtung die Weichen im Nahen Osten gestellt werden.
Dass er bereit ist, für Deeskalation große Risiken einzugehen, bewies König Abdullah an diesem 14. April. Bis zu einem Fünftel der 350 Marschflugkörper, Raketen und Drohnen, die das Mullah-Regime auf Israel abfeuerte, wurden vom jordanischen Militär abgeschossen. Die Abschüsse waren am Nachthimmel über dem Felsendom in Jerusalem zu sehen: Aufnahmen mit hohem Symbolwert, darüber täuschen auch die nüchternen Kommentare in Amman kaum hinweg. ›Es bestand die Gefahr, dass sie in Jordanien Schaden verursachen könnten, und es war eine Verletzung unseres Luftraums‹, erklärte Außenminister Ayman Safadi den Hintergrund der Schützenhilfe. Im Stillen hielten auch die Golf-Monarchien in dieser Nacht die Stellung gegen den Iran, aber nur die Führung in Amman gab das offen zu. Kampfjets der jordanischen Armee flogen Seite an Seite mit jenen Israels. Als ›außergewöhnlich bemerkenswert‹ charakterisierte Mairav Zonszein vom Think-Tank ›Crisis Group‹ den Einsatz. Die Allianz gegen den Iran inmitten des polarisierenden Gaza-Konfliktes hatte US-Präsident Joe Biden eilig gezimmert. Es war mehr als eine Not-Lösung, weil auch ein Rohentwurf für eine neue Ordnung im Nahen Osten: moderate arabische Staaten, die gemeinsam mit Israel Front gegen den Iran und die vom Regime in Teheran gesteuerten Terror-Milizen machen.
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