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Abschied von einer alten Dame

Eine Razzia, ein Rechtsstreit und viele Erinnerungen an rauschende Nächte : Ein letzter Besuch am Totenbett des legendären Szenelokals › Wiener Freiheit ‹.

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Fotografie:
Apollonia T. Bitzan
DATUM Ausgabe Februar 2021

Alexander Heitmann wirkt nervös. Ein letztes Porträt soll’s sein, über ihn und sein Leben in dem geschichtsträch­tigen Lokal in der Schönbrunnerstraße in Wien-Margareten. Am 29. Jänner 2021 ist hier alles vorbei. › Man hat die Wiener Freiheit umgebracht. Und einen Teil von mir mit. ‹ Heitmann fühlt sich um sein Lebenswerk betrogen. 33 Jahre lang hat er die sogenannte ›Wiener Freiheit ‹ betrieben – eine Institution in der Wiener LGBTQ-Szene, ein Treffpunkt vor ­allem für die Schwulen-, Lesben- und Transgenderszene und eine Pionierin in Wiens Clublandschaft der 90er. Eine schicksalshafte Razzia und drei Kün­digungsschreiben später schließt der Ort für immer seine Pforten.

Dort, wo vor 30 Jahren ein Blumengeschäft und ein Milchladen waren, ist heute das Straßenbild von knallroten Schirmen mit dem Schriftzug › Wiener Freiheit ‹ geprägt. Auf rund 200 Qua­dratmetern und drei Etagen baute ­Heitmann hier Anfang der 90er ein bald darauf berühmt-berüchtigtes Lokal, eigenhändig, wie er sagt : › Jede Kachel, jeder Zentimeter Holz ! Hier war ja nichts. Heizkörper, Gastherme, Schallisolierung, ein Stiegenhaus – sogar den Keller haben wir per Hand einen Meter tiefer gegraben. In die alte Lady ist ein gutes Stück Arbeit geflossen. ‹ Nostalgisch blickt Heitmann durch das Lokal. Holzvertäfelungen, Porzellanfiguren, im­posante Geländer, Brokat und roter Samt, soweit das Auge reicht. Jugendstil trifft hier auf 80er-Kitsch. Willkommen im Eldorado des Pomp, willkommen in der Wiener Freiheit !

Ihre Geschichte beginnt bereits 1988, rund vier Kilometer entfernt in der Taborstraße – › Fast genauso dramatisch, wie sie endet ‹, so Heitmann. Denn ihre Gründung ist einem Kabelbrand geschuldet, bei dem seine Wohnung in einer ehemaligen Mietskaserne vollständig niederbrennt. Als Freunde tags darauf helfen, die verkohlten Möbelreste aus der Wohnung zu schaffen, läuft im Radio der Hit › Tausendmal du ‹ von der Münchener Freiheit. › Beim Zerlegen des Schranks habe ich gesagt : Aus dem Ungetüm müsste man eine Bar machen. Heißen müsste sie »Wiener Freiheit«.‹ 

Zu dieser Zeit lernt Heitmann auch seinen Lebensgefährten, Franz Kottira kennen, der aus dem Schrank wenig später tatsächlich eine Bar zimmern sollte. › Ein handwerkliches Supergenie, bis heute ‹, grinst er. Heitmann, eigentlich gelernter Fußpfleger und damals noch Kellner im YMCA, einer Schwulenbar in der Kettenbrückengasse, funk­tioniert darauf seine frisch renovierte 50-Quadratmeter-Wohnung zur Bar um. › Ich wollte an diesem toten Ort etwas Neues schaffen. ‹ Ein Ort für alle, das sollte die Freiheit sein. Früh bei der Homosexuelleninitiative Wien (HOSI) und in der SPÖ aktiv, wurde Heitmann im Nachtleben oftmals Zeuge von Anfeindungen gegen sexuelle Minderheiten. › Vor allem Transsexuelle wurden in Schwulenlokalen oft schlecht behandelt. Schwulenbars gab es in den 80ern einige, sie waren aber alle »Men Only«. Ich habe mir immer vorgenommen : Wenn ich mal ein Lokal habe, dann möchte ich für alle da sein.‹ Heitmann und Kottira gründen schließlich den Verein › Wiener Freiheit, Verein für freie Lebensgestaltung ‹.

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