Den Rausch der Sinne spielen

Warum Erotik als Brettspiel eine ganz schwierige Sache ist

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Illustration:
Blagovesta Bakardjieva
DATUM Ausgabe Mai 2024

Spiele für Paare boomen – zumindest, wenn man nach der Differenzierung des Angebots geht. Von zart bis hart, von der Brettspiel gewordenen ›Monogamy‹ bis ›OSG‹ (Our Sex Game) oder ›Dirty Adventures‹ ist alles zu haben. Vermutlich könnte ich diese Kolumne auf Jahre hinaus nur im Erotik-Fach bespielen. Aber keine Sorge, das werde ich Ihnen und mir selbst nicht antun. 

›Rausch der Sinne – Das sinnliche Spiel für Paare‹ klingt zwar irgendwie kitschig und auf der Sinnebene redundant, macht aber dafür äußerlich den Eindruck, ohne die Sorte erotischer Challenges auszukommen, die angesichts des im Nachbarzimmer schlafenden Babys von vornherein zum Scheitern verurteilt wären. Meine Frau und ich benötigen dann auch nur drei Anläufe, bis sich ein Abendstündchen freischaufeln lässt. Dafür platzieren wir uns, wie von der Anleitung gefordert, möglichst leicht bekleidet am Boden – und schon kann es losgehen. Also eigentlich erst, nachdem das Spielbrett aufgebaut, die Gutschein- und Duellkarten ausgestanzt und die im Spiel nicht enthaltenen Zusatzutensilien zusammengesucht sind: ›Eiswürfel?‹ – ›Haben wir nicht.‹ – ›Schokolade und frische Erdbeeren?‹ – ›Scherz, oder?‹ – ›Batterien, Größe AA?‹ – ›Vergiss es.‹

Nach dem vom Spiel geforderten Sekt oder Wein frage ich erst gar nicht, in diesem Haus wird schließlich gestillt! Wir spielen also eine Trockenrunde und stellen uns dabei spannenden Aufgaben: ›Nur Ihre Zunge dürfen Sie benutzen, um ein Wort mit 7 Buchstaben auf den Rücken Ihres Partners zu schreiben.‹ Ist so etwas vielleicht aufregend, wenn man sich erst ganz kurz kennt? Zwischendurch bekommt man Gutscheine, die man innert 30 Tagen beim Partner einlösen darf, zum Beispiel ›Ein Tag ohne Hausarbeit‹. Ich stelle mir gerade die erotische Stimmung vor, die entsteht, wenn ich diesen Gutschein einlöse, da erlöst uns das weinende Baby. ›Spielen wir das ein andermal fertig‹, sagt meine Frau. ›Wenn wir frische Erdbeeren haben‹, sage ich, aber das hört sie schon nicht mehr. Im Rausch der Sinne? Na ja. •

›Im Rausch der Sinne‹ – Verlag: Orion