Der Investigativ-Journalist Christo Grozev deckt mit digitalen Recherchen die Verbrechen russischer Geheimdienste auf. Wieso lebt der Bulgare ausgerechnet in Wien?
Diese Geschichte gibt es auch als Audio-Angebot, eingelesen von Sebastian Loudon. https://datum.at/audio/folge-2-der-aufklaerer/
Der Schillerpark in Wien ist ob des Regens menschenleer, als zwei Autos davor stoppen. Aus dem hinteren, einem geländetauglichen BMW in dunkelblau, steigen drei Männer mit Knopf im Ohr und rot-weiß-rotem Anstecker am Revers. Einer lässt seinen Blick über die klassizistischen Fassaden des ersten Bezirks schweifen. Ein anderer öffnet die Tür des Taxis, das ebenfalls vorgefahren ist und dem ein großgewachsener Mann im blauen Tweed-Sakko entsteigt. Er geht die Stufen zur Akademie der bildenden Künste hinauf. Die Männer mit Knopf im Ohr weichen nicht von seiner Seite.
Der Mann mit den Bodyguards ist weder Staatsmann noch Unternehmer, sondern ein Journalist aus Bulgarien: Christo Grozev hält an diesem Abend einen Vortrag beim ›Humanities Festival‹ des Wiener Instituts für die Wissenschaften vom Menschen. Ob er wirklich kommen würde, war bis zuletzt nicht fix gewesen, Grozev hat einen prall gefüllten Terminkalender. Trotzdem ist er jetzt eine Dreiviertelstunde zu früh da. Das ist kein Zufall. Unberechenbarkeit ist das wichtigste Überlebenswerkzeug für einen Mann, der im Visier des russischen Geheimdienstes steht. Grozev gilt als ›Erzfeind des Kreml‹, seit er die russischen Agenten enttarnte, die hinter den Attentaten auf den Ex-Spion Sergei Skripal, den tschetschenischen Dissidenten Selimchan Changoschwili und den Oppositionspolitiker Alexei Nawalny steckten.
Gelungen ist ihm das als führendem Mitarbeiter des Recherche-Netzwerks Bellingcat. Die internationale Investigativ-Plattform sammelt Daten, verknüpft sie und deckt so Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen auf. Erstmals bekannt wurde Bellingcat 2014. Das Team rund um den Gründer Eliot Higgins wies nach, dass das russische Militär für den Abschuss des Malaysia-Airlines-Fluges MH17 über der Ostukraine verantwortlich war, bei dem 298 Menschen ihr Leben verloren. Grozev gelang es wenige Jahre später, die russischen Agenten zu enttarnen, die versucht hatten, Sergei und Julija Skripal sowie Alexei Nawalny zu vergiften. Der Bulgare leitet die Russland-Ermittlungen bei Bellingcat. Seit Moskau durch den Überfall auf die Ukraine an der Eskalationsschraube dreht, wächst nicht nur das Risiko für ihn, auch das Interesse an seiner Arbeit steigt. Wer ist der Mann, der Putin und seinen Agenten mehrmals Staatsterrorismus nachweisen konnte? Wie gelingen ihm journalistische Erfolge, die nicht einmal Geheimdienste zustande bringen? Und warum lebt er ausgerechnet in Wien, einer Stadt, die immer noch als Hochburg für russische Spione gilt?
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