Die Letzten ihrer Art

Der häufigste Baum des Landes leidet am Klimawandel. Das Verschwinden der Fichte wird nicht nur den Wald verändern.

DATUM Ausgabe April 2017

Ihr Leben hat kurz vor Weihnachten eine Wende genommen: Die Bäume wurden gefällt, nachdem sie achtzig Jahre lang im Wald des Stifts Heiligenkreuz gewachsen waren. Die Nadeln waren nicht schön und sanft genug für einen Weihnachtsbaum und das Holz gleichzeitig zu weich für teure Möbel. Trotzdem sollten sie Nutzen bringen. Eine baggerartige Maschine packte sie mit ihrem Greifarm am unteren Ende und zersägte einfach die Stämme.

Die Fichten wurden Opfer der Waldwirtschaft in einem Wald, wie viele ihn kennen: der Monokultur. Stamm an Stamm gepflanzt, schießen rund um Heiligenkreuz bei Baden die Baumkronen in die Luft und halten das Licht vom Wald fern. Auf dem Boden landen stattdessen dicke Schichten Fichtennadeln, unter denen eine saure Humusschicht entsteht. Auf sauren Böden können wenige Pflanzen wachsen, die Artenvielfalt leidet. Was bleibt, ist eine Plantage kahler Fichtenstämme. Zu ihnen gehörten auch die Heiligenkreuzer Bäume, gepflanzt um das Jahr 1930. ›Willst du den Wald vernichten, so pflanze nichts als Fichten, Fichten, Fichten‹, hatte kurz zuvor der deutsche Förster Felix von Hornstein gedichtet.

Dabei gibt es auch den anderen Fichtenwald. Von seiner schönsten Seite zeigt er sich in Österreich aber nur im Bereich der Alpen: Mit dem Frühling scheint immer öfter die Sonne durch die Baumwipfel am Dürrenstein in Niederösterreich. Langsam schmilzt die Schneeschicht und bringt den moosigen Waldboden zum Vorschein, aus dem noch Heidelbeeren, Alpenrosen und lila Teufelskrallen sprießen werden. Wo die Berge hoch sind und das Klima mit seinen langen, kalten Wintern so rau, dass die meisten Baumarten nicht überleben können, fühlt sich die Fichte eigentlich wohl. Unter tausend Metern Seehöhe fände man naturgemäß keinen reinen Fichtenwald.

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