›Hätten Sie nicht etwas anderes machen können?‹

Unser Autor reiste in die Antarktis, um die Zerbrechlichkeit des Ökosystems zu erleben. Darf man das ?

Text und Fotografie:
Helmut Spudich
DATUM Ausgabe November 2019

I.

Wo noch kein Mensch eisigen Boden betrat : Dieses Versprechen trieb die Abenteurer und Forscher an, die sich aufmachten, Ende des 19. Jahrhunderts die letzte Einsamkeit des Planeten und den südlichen Pol zu erreichen. Auch den Autor trieb das Entdeckerfieber auf die jahrelang geplante Reise in die Menschenleere, die nur Pinguinen, Robben und seltenen Vogelarten gehört. Anders als Ro­bert Falcon Scott, Ernest Shackleton oder Roald Amund­sen, der 1911 als erster den Pol erreichte, riskiert man für den Flug an die Südspitze Argentiniens und der Fahrt mit einem Expeditionskreuzfahrtschiff heute nicht mehr sein Leben. Dafür begegnet man heute auch hier den tiefen Spuren der Schäden menschlicher Zivilisation. Noch steht das fragile Ökosystem unter dem Schutz des Antarktisvertrags. Aber die Uhr bis zum Ablauf tickt laut, während der Tourismus ebenso wie die Begehrlichkeiten nach den Rohstoffen der Re­gion­ wachsen.

Nach 1.043 Seemeilen, rund 2.000 Kilometer in der endlosen Einsamkeit des Südatlantiks, in der kein Land in Sicht ist und nur ­einmal in der Ferne ein ­anderes Schiff vorbeifährt, wird es dann doch Zeit, sich für den ersten Landgang vorzubereiten. Vor Salis­­bury Plain auf den South Georgia Islands ankert die MS Bremen, um ihre Passagiere mit Zodiacs in kleinen Grüppchen zu den Pelzrobben und abertausenden Königspinguinen zu bringen, die den Strand und bis auf die Hügel hinauf die Bucht bevölkern.

Landgang, das heißt : wasserdichte Hosen und uniforme rote Parkas als Schutz gegen die Temperaturen, die im Februar des antarktischen Sommers in der Küstenregion um die Null Grad liegen. Dazu Gummistiefel für die nassen Anlandungen in den kleinen Schlauchbooten, die jeweils acht Passagiere vom Schiff zu den steinernen Stränden der Insel bringen. Für Königspinguine sind die südgeorgischen Inseln ihr größtes Habitat auf dem Planeten : Geschätzte 160.000 Brutpaare und ihre noch braungefiederten, unbeholfenen Jungen bevölkern ihre größte Kolonie in der Salisbury Bay. Eine un­­end­liche Schar dieser eleganten und an Land doch so clownesk wirkenden Vögel, soweit das Auge reicht, der Boden mit scharf riechendem, weiß-rötlichem Guano bedeckt.

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