Hanfansage

In Österreich wird seit der Pandemie mehr gekifft, doch eine Legalisierung, wie sie die deutsche Regierung plant, ist nicht in Sicht. Wie gefährlich ist Cannabis wirklich? Und welche Risiken entstehen erst durch den illegalen Konsum?

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Eva Vasari
DATUM Ausgabe März 2022

Timo legt den Rückwärtsgang ein. Er kneift die Augen zusammen, drückt aufs Gas – und kracht durch die Glastür des Supermarkts. Mit langen, athletischen Schritten hastet Timo durch das Foyer. Dann ist es still und dunkel. Es ist fünf Uhr morgens. Seit Stunden hat er Hunger – großen Hunger.

Timo läuft durch die Gänge, mit der linken Hand reißt er ein paar Chips-Packungen an sich. Vor der Süßwarentheke bleibt er stehen. Da steht er: der Schaumbecher! Dunkle Schokoglasur und winzige, weiße Kokosstreusel. Beherzt greift Timo zu. Er hatte Hunger, die Tankstellen waren zu – was hätte er tun sollen? Blaulicht und Sirenen sind nur noch wenige Minuten entfernt. Vorne steht der gestohlene Seat in den Scherben der zertrümmerten Eingangstür. Aber Timo hat kein Zeitgefühl mehr. Er steckt in einer Psychose. Was im Foyer eines österreichischen Provinz-Supermarktes endet, hat mit einem Joint begonnen.

In Österreich ist Cannabis illegal. Trotzdem haben vier von zehn Erwachsenen schon einmal gekifft, Tendenz steigend. Polizei und Justiz kämpfen seit Jahrzehnten gegen den Schwarzmarkt. Deutschland setzt jetzt Schritte: Der Verkauf von Cannabis zu Genusszwecken soll legal werden. Damit soll ›die Qualität kontrolliert, die Weitergabe verunreinigter Substanzen verhindert und der Jugendschutz gewährleistet‹ werden – so steht es auf Seite 87 des neuen Koalitionsvertrags. Arzt und spd-Politiker Karl Lauterbach begründet die Entscheidung mit den Gefahren des unkontrollierbaren Schwarzmarktes: ›Immer häufiger wird dem illegal verkauften Straßencannabis neuartiges Heroin beigemischt, das sich rauchen lässt. Damit werden Cannabis-Konsumenten schnell in eine Heroin-Abhängigkeit getrieben.‹

In Österreich wird seit der Pandemie mehr gekifft. Das bestätigt eine Studie der Innsbrucker Drogenarbeit Z6 und der Wiener Suchthilfestelle ›checkit!‹. Rund die Hälfte aller Befragten gibt an, jetzt mehr Drogen zu konsumieren. Mit 63 Prozent ist Cannabis die am häufigsten genannte Substanz, gefolgt von Alkohol mit 48 Prozent.

In Deutschland soll das Geschäft mit dem Gras jährlich rund 4,7 Milliarden Euro an Steuern einbringen. Das Geld soll (unter anderem) in die Prävention und den Ausbau des Drug-Checking-Netzes fließen. Auch in Österreich könnten – nach Vorbild der Tabaksteuer – 200 Millionen Euro an Cannabissteuern erwirtschaftet werden. Trotzdem setzt sich hierzulande nur die Oppositionspartei Neos für die kontrollierte Freigabe ein. ›Vor allem wegen der Qualitäts- und Alterskontrolle‹, so Gerald Loacker, der pinke Gesundheitssprecher. Für Rot und Grün ›stellt sich die Frage derzeit nicht‹, fpö und övp bleiben bei einem strikten Nein.

Die Hanfpflanze hat zwei wichtige Wirkstoffe: thc und CBD. THC ist der psychoaktive Wirkstoff, der high macht. CBD ist der ausgleichende Gegenspieler und hat eine beruhigende Wirkung. Zusätzlich schützt CBD vor psychotischen Zuständen. Was viele Konsumentinnen und Konsumenten nicht wissen: Während ein Hippie-Joint der 1970er einen eher harmlosen, durchschnittlichen THC-Gehalt unter zehn Prozent hatte, beträgt der Anteil bei aktuell kursierenden, hochgezüchteten Sorten bis zu über 30 Prozent. Der hochgeschossene THC-Anteil macht den Stoff wesentlich psychoaktiver und unberechenbarer.

›Von hochgezüchteten Varianten mit bis zu 35 Prozent THC-Gehalt ist heftig abzuraten‹, erklärt Walter North. Er arbeitet seit 30 Jahren in der Suchthilfe. Als Psychiater und Neurologe ist er der ärztliche Leiter des Vereins Dialog, der größten ambulanten Suchthilfeeinrichtung Österreichs. Laut eigenen Angaben haben rund zehn Prozent der Patienten, die in der Einrichtung Hilfe suchen, mit den Folgen der Substanz Cannabis zu kämpfen.

Der Knackpunkt sind genetische Dispositionen. Einige Menschen tragen neurologische Schalter in sich, die durch psychoaktive Drogen umgelegt werden können – für sie ist es viel wahrscheinlicher, in eine Angsterkrankung, manische Phase oder sogar Schizophrenie zu rutschen. Ein erhöhtes Risiko ist im Vorhinein nicht diagnostizierbar. Betroffene haben keine Ahnung, dass sie ein nächster, zu hoch dosierter Joint in psychische Abgründe katapultieren könnte. Bis es zu spät ist.

So war es bei Paul, einem Schüler aus Wien-Döbling. Eigentlich hatte er schon seit Jahren ganz gerne gekifft – entspannt, mit Freunden. Er war 18, gerade mit der Matura fertig, als ihm ein Joint im Park zum Verhängnis wurde. ›Ich habe Farben gesehen, mir Sachen eingebildet, die nicht da waren. Ich habe extreme Angst bekommen‹, beschreibt er. Verstört geht Paul nach Hause. Er hofft, dass morgen alles wieder gut ist.

Am nächsten Tag der Schock. Das Adrenalin jagt noch immer durch seine Adern, der Trip ist nicht abgeflacht. Immer wieder durchschießt ihn plötzliche, heftige Todesangst. Es sind Panikattacken. ›Du bist nicht mehr im Körper. Du zitterst, dein Puls explodiert, überall kalter Schweiß. Du hast geistig und körperlich die Kontrolle über dein Leben verloren.‹

Drei Wochen später muss Paul seinen Zivildienst antreten. Die Attacken schütteln ihn immer wieder durch, die Arbeit im Altersheim kann er nur mit Mühe bewältigen. Nach einem halben Jahr geht Paul zum Psychiater. Er bekommt Medikamente gegen die Panik. Seitdem kann Paul wieder normal, ohne Panik leben. Aber er ist vorsichtig geworden. Kontrollverlust ist zur Bedrohung geworden, Paul trinkt auch keinen Alkohol mehr. ›Ich kenne jetzt den Preis, den man zahlen kann‹, sagt er.

Paul wusste nicht, dass Cannabis-Konsum schiefgehen kann. THC-Überdosis? Gestreckter Stoff? Synthetisches Zeug? Über all das dachte er erst zu spät nach. Lisa Brunner ist Leiterin der Suchtpräventionsstelle der Wiener Sucht- und Drogenkoordination, einer Institution der Stadt Wien. Sie kennt eine der Ursachen des Informationsdefizits. ›Der Klassiker: ein Kriminalpolizist oder ein Suchtkranker kommen an die Schule. Aber das ist keine seriöse Suchtprävention. Diese Personen haben keine Berührungspunkte mit der Lebensrealität der Jugendlichen. Das funktioniert nicht‹, so Brunner. Das Problem: Workshops für Suchtprävention sind nicht verpflichtend im Lehrplan verankert. Ob sie stattfinden, liegt rein im Ermessen der Schule. Lehrkräfte holen oft erst nach einem Vorfall Hilfe – also erst, wenn es zu spät ist. ›Wer es tun will, kifft sowieso. Das kann die Suchtprävention nicht verhindern. Aber sie kann Jugendliche darüber aufklären, wie sie risikoarm und verantwortungsvoll konsumieren können‹, so Brunner.

›Cannabinoide können Auslöser für psychische Probleme sein. Aber ein anderes Trauma kann genauso ein Trigger für das Ausbrechen einer Krankheit sein‹, erklärt Walter North, Psychiater im Verein Dialog. Ein direkter Ursache-Wirkung-Zusammenhang ist wissenschaftlich nicht klar belegt. Was sehr wohl bestätigt ist: Pubertierende reagieren besonders empfindlich auf THC-reiches Cannabis. Es kann zu einer Störung der Gehirnentwicklung kommen, wenn in frühen Teenagerjahren oft und hochdosiert Gras geraucht wird. Das sind genau die Konsummuster, die der intransparente Schwarzmarkt begünstigt. Eine Studie des deutschen Bundesgesundheitsministeriums kam zu folgendem Ergebnis: Täglicher Konsum und hoher THC-Gehalt erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer psychotischen Störung gar um das Fünffache.

Der Supermarkt-Crash ist eineinhalb Jahre her. Es fällt Timo nach wie vor schwer, über seine psychotische Episode zu sprechen. Der heute 21-Jährige hat früher immer wieder mit Drogen experimentiert, öfter hat er Cannabis mit härteren Drogen gemischt. Über ein Jahr stand mindestens ein starker Joint auf der Tagesordnung.

Nach einem Mix aus Cannabis und Pilzen driftet Timo endgültig ab. Am Morgen zieht er los. Über 24 Stunden lang wandert er durch die Stadt, ziellos und zu Fuß. Er isst nicht, er trinkt nicht. Die Pflanzen am Straßenrand können sprechen, sie weisen ihm den Weg. Es wird Nacht, er verirrt sich in einer Baracke, eine stumme Gestalt reicht ihm ein Messer. Er klaut ein Rad, fährt in die Pampa und hämmert gegen fremde Haustüren. Als jemand die Polizei rufen will, bekommt Timo Panik. Er knackt einen fremden Wagen und fährt los. Was an dieser wilden Geschichte wahr und was Wahn ist, kann er heute nicht mehr sagen.

Fälle wie Timos sind selten. Doch eine Untersuchung der Uniklinik Ulm belegt, dass Psychosen durch Cannabis immer häufiger werden. Die Zahl der dortigen stationären Psychiatriefälle in Folge von Cannabis hat sich zwischen 2011 und 2019 verachtfacht. In Österreich hatten im Jahr 2019 rund 15 Prozent der längerfristig stationär Behandelten mit der Leitdroge Cannabis zu kämpfen – das belegt der Bericht Drogensucht 2020. Experten sind sich einig: Die Wurzel des Problems ist der unkontrollierbare Schwarzmarkt. Hochpotente Sorten und gestreckter Stoff machen den Konsum wesentlich risikoreicher. ›Cannabis ist nun einmal da, dem müssen wir ins Auge blicken. Legalisieren, Jugendschutz, staatliche Qualitätskontrolle – das sind notwendige Schritte‹, so North.

Die rechtliche Lage in Österreich ist schwammig. Der Besitz einer Cannabispflanze ist erlaubt – wird aber zur Straftat, sobald die THC-haltigen Blüten reif sind. Denn ab diesem Zeitpunkt gilt das Halten der Pflanze als ›Anbau zwecks Suchtmittelgewinnung‹, ein Straftatbestand, der im Suchtmittelgesetz geregelt ist. Das Kiffen selbst ist eine Grauzone: Der Konsum per se ist nicht verboten, sehr wohl aber Erwerb, Verarbeitung, Verkauf und Weitergabe von THC-haltigem Cannabis zu nicht-medizinischen und nicht-wissenschaftlichen Zwecken. Anders bei CBD: dieses Cannabinoid ist in Österreich als Nahrungsergänzungsmittel klassifiziert und frei erhältlich.

Für Polizei und Justiz sind Cannabisdelikte ein enormer Verwaltungsaufwand. Im Jahr 2019 gab es rund 40.000 Anzeigen gegen das österreichische Suchtmittelgesetz, drei Viertel davon betrafen die Populärdroge Cannabis. Wenn der Angeklagte zum ersten Mal angezeigt wird und in den letzten fünf Jahren kein Drogenverfahren gegen ihn geführt wurde, muss die Staatsanwaltschaft das Verfahren wieder einstellen. Eine Entkriminalisierung könnte Exekutive und Judikative viele Ressourcen sparen.

2017 saß auch Peter auf der Anklagebank. Er war damals 17. Handfeste Beweise gab es keine. Doch die Polizei hatte ihn schon länger am Schirm, Aussagen lasteten ihm den Verkauf von insgesamt 13 Kilogramm Cannabis an. Das Urteil: zwei Jahre Haft auf drei Jahre Bewährung. Sechs Monate davon unbedingt. Mit 14 fing er in der Schule an, mit Freunden Cannabis zu rauchen. Mit 15 rutschte er selbst ins Verkaufen hinein. Das Geld war gut, er wurde immer unvorsichtiger. Irgendwann passierte es: Peter wurde verraten. Nach der Schule standen zwei Kriminalpolizisten vor der Klasse, um ihn zu verhaften. ›Ich war noch ein Kind. Ich dachte, ich komme nie ins Gefängnis‹, erzählt er. Sein Anwalt war anderer Meinung: ›Vor Weihnachten kommst du nicht mehr nach Hause.‹ Es war erst Frühsommer. Peter musste schlucken.

Insgesamt musste Peter vier Monate absitzen. Was er im Gefängnis erlebt hat, schockiert ihn bis heute. Der Zellenpartner auf kaltem Entzug, 23 Stunden hinter versperrter Tür, zu zweit auf acht Quadratmetern. Heute wohnt Peter in Wien. Er holt seinen Schulabschluss nach, kifft nicht mehr, hat das Kapitel hinter sich gelassen. ›Könnte ich die Zeit zurückdrehen, hätte ich nie damit angefangen.‹

›Die Stigmatisierung und die Vorurteile müssen aufhören‹, sagt Lisa Brunner. Sie plädiert für einen ehrlichen Umgang mit der Drogenproblematik. Bei Verdacht auf Drogenmissbrauch müsse konsequenter mit Hilfe statt Strafe reagiert werden. ›Die wirklich wichtige Frage: Wie können Betroffene Schule oder Ausbildung abschließen? Man muss junge Menschen im sozialen Leben halten, anstatt schon so früh Weichen zu stellen.‹

Doch nicht immer endet Cannabiskonsum im Chaos. Für Theresa ist der gelegentliche Joint ein hilfreicher Begleiter. ›Für mich ist Gras Partydroge und psychisches Heilmittel in einem – je nachdem, was ich gerade brauche‹, erklärt sie. Die 20-jährige Studentin hasst den Kontrollverlust, der mit Alkohol einhergeht. Deswegen raucht sie unter Leuten lieber einen Joint. Die Fantasie springt an. Farben werden zum Intensiverlebnis, normale Sinneseindrücke zu bahnbrechenden Ideen. ›Die Menschen sollten weniger trinken und mehr kiffen. Dann hätten wir Weltfrieden‹, findet Theresa.

Schon seit Jahren hat Theresa ein Problem mit Panikattacken. Der Psychiater verschrieb ihr damals Beruhigungs­tropfen. Am Anfang ging das gut – aber bald musste Theresa die Dosis immer stärker erhöhen. ›Mit 17 habe ich entdeckt: Gras hat die gleiche Wirkung. Ich bin entspannt, der Stress fällt ab – und ich muss die Dosis nicht erhöhen, weil ich nicht abhängig werde.‹ Theresa macht es auf eigene Faust: aus medizinischer Sicht ist das nicht zu empfehlen. Aber tatsächlich kann Cannabis – in Reinqualität und medizinischer Dosis! – als Heilmittel wirken.

Kurt Blaas ist ein Pionier der österreichischen Cannabismedizin. Wie er dazu kam, die ›Droge‹ therapeutisch einzusetzen? Vor 24 Jahren kam ein Patient mit Hodenkrebs in die Praxis des Allgemeinmediziners. Wegen der Chemotherapie hatte der Mann mit starker Übelkeit und Depressionen zu kämpfen. Er habe gehört, dass Cannabis da helfen könne. Erst war Blaas skeptisch – als psychiatrischer Drogentherapeut kannte er Hanf als Rauschmittel, nicht als Medizin. Schließlich willigte er ein: er verschrieb dem Kranken die THC-Reinsubstanz ›Dronabinol‹.

Die Therapieerfolge waren beeindruckend. Schnell war klar, dass Dronabinol wirkt – gut wirkt. ›Die Mehrheit der Patienten kommt freudestrahlend zu den Verlaufskontrollen‹, so Blaas. Die Substanz lindert Schmerzen auf physischer und psychischer Ebene, greift in das Schmerzgedächtnis ein, die Lebensqualität steigt. Dem Patienten geht es insgesamt besser. Seither behandelt Blaas verschiedenste Krankheitsbilder mit dem Medikament. Erstens: chronische Schmerzpatienten, etwa durch Tumorerkrankungen oder Multiple Sklerose. Zweitens: neuropsychiatrische Erkrankungen wie Tourette, Epilepsie, Alzheimer oder Autismus. Drittens: Schlafstörungen. Diese Liste ist erst ein Bruchteil der möglichen Indikationen. Herkömmliche Schlaf- und Schmerzmittel (Benzodiazepine, Opioide) haben starke Nebenwirkungen und hohes Suchtpotenzial. Geregelter, medizinischer Cannabisgebrauch birgt hingegen keine Abhängigkeitsgefahr, beim Absetzen entstehen keine körperlichen Entzugserscheinungen.

Da Cannabis in Österreich als illegales Suchtmittel gilt, ist die Forschung allerdings stark eingeschränkt. Dronabinol & Co. sind nur unter strengsten Auflagen, mit Suchtmittelplakette erhältlich. Cannabis ist nur als ›letzte Chance‹ möglich: Bevor Patienten im Wartezimmer von Blaas landen, müssen sie alle gängigen Präparate probiert haben. Psychopharmaka, Neuroleptika, Opioide – alles erfolglos, erst dann gibt es eine Chance auf die Genehmigung durch die Krankenkassa. Aus eigener Tasche bezahlt, kostet ein Fläschchen mit 500 Milligramm Dronabinol (gelöst in einer öligen Substanz) zwischen 250 und 500 Euro – ein Schmerzpatient kommt mit dieser Menge nur etwa 14 Tage aus. Dabei könnte Cannabis schwerkranken Menschen einen nebenwirkungsreichen Tablettencocktail ersparen.

›Hände hoch!‹ Timo kooperiert sofort. Handschellen klicken, Polizisten bringen ihn auf die Wachstation. Der geklaute Wagen bleibt in den Scherben stehen. Acht Stunden muss Timo in einer Gitterzelle verbringen. Er dreht durch, brüllt wie ein wildes Tier, rüttelt an den Stäben. Aber es hilft nichts. Nächste Station: Geschlossene Psychiatrie.

Nach drei Tagen bricht Timo aus der Geschlossenen aus. Er nutzt einen unbeobachteten Moment, entkommt über den Raucherbalkon. Das Adrenalin schärft seine Sinne, die Reflexe sind blitzschnell. Durch gestapelte Tische kommt er über den meterhohen Zaun des Spitals – und rennt um sein Leben. Polizeisirenen kommen näher. Timo muss sie abhängen. Er springt in die Donau. Völlig unterkühlt wird er 30 Minuten später und einige Kilometer weiter aus dem Wasser gefischt. Das war nicht der einzige Ausbruch. ›Insgesamt bin ich vier Mal abgehaut‹, sagt er.

Heute muss Timo regelmäßig in Behandlung gehen, täglich Medikamente schlucken, monatlich einen Drogentest abliefern. Er will sich bessern, hat zu studieren begonnen. Informatik – eine Herausforderung, aber definitiv das Richtige. Das Wichtigste aber: er bewältigt den Alltag, hat eine fixe Freundin. In Timos Kopf ist es wieder still. •

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