Wir müssen reden

Depressionen und Suizid sind in unserer Gesellschaft immer noch Tabuthemen. Warum sich das im Sinne von Prävention und Heilung dringend ändern sollte.

DATUM Ausgabe März 2022

In sogenannten ›normalen‹ Jahren – jenen vor Covid – gab es die meisten Suizide weder im dunklen Herbst noch rund um Weihnachten, sondern im Mai. Im Frühling, wenn die sogenannten gesunden Menschen wieder ins Freie gehen, Feste feiern und sich frisch verlieben.

In solchen Tagen fühlen sich depressive und sozial zurückgezogen lebende Menschen noch unverstandener, noch einsamer als sonst eh schon. Dann entstehen aus Depressionen viel zu oft auch Suizidgedanken.

Wie mag das in absehbarer Zeit werden, wenn die Covid-Maßnahmen zurückgenommen werden und also nach der langen Zeit der Einschränkungen eine Art ›gesellschaftlicher Mai‹ auf uns zukommt? Wie geht es dann all jenen, die gerade in der Corona-Zeit einsam geworden sind, sich psychisch belastet fühlen?

Als Verstärker wirkt dabei die Angst vor dem sogenannten ›Werther-Effekt‹. Die gutgemeinte Idee, über Suizide aus Angst vor Nachahmung nicht zu berichten, lässt Menschen in Krisensituationen noch einsamer werden. Denn auch wenn sich Depressive aus ihrem sozialen Umfeld zurückziehen, Medien konsumieren sie weiter. Wenn dann aber über ihre Ängste und Sorgen nicht berichtet wird, dann wirkt das wie ein ›Brandbeschleuniger‹ für das Gefühl, unverstanden und alleine zu sein. Nicht zuletzt, um diesem Dilemma zu begegnen, wurde an der Medizinischen Universität Wien vor knapp zehn Jahren der ›Papageno-Effekt‹ erforscht und nachgewiesen: Bei einer achtsamen Kommunikation über Suizide und psychische Gesundheit kommt es nicht nur zu keinem Nachahmungseffekt, sondern eine solche Medienpräsenz zu Fragen der psychischen Gesundheit kann sogar präventiv wirken!

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