„Ich verkaufe eine Droge“

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Fotografie:
Ursula Röck
DATUM Ausgabe April 2025

Name: Alexandra Hochegger, 28

Beruf: Barkeeperin

Wie kamen Sie vom Hocker hinter die Bar? 

Mit 15 bin ich in der Gastro hängengeblieben, und vor etwa sieben Jahren stand ich dann in meinem ersten Cocktaillokal. Das Handwerk habe ich mir hinter der Bar beigebracht.

Was macht einen guten Cocktail aus? 

Balance. Wie gutes Essen darf er nicht zu süß, zu sauer oder zu eintönig sein. Wenn ich vier Zutaten gemischt habe, muss man alle vier erschmecken können.

Was trinken Sie selbst am liebsten? 

Whisky pur, ohne Eis.

Wann beginnt Ihr Tag? 

Ich stehe meist gegen Mittag auf. Daran habe ich mich gewöhnt. Ich nehme Vitamin-D-Kapseln und gehe mehrmals die Woche ins Gym. Richtig zu essen schaffe ich allerdings nur einmal am Tag. Um 17 Uhr stehe ich dann in der Bar. Die erste Stoßzeit ist zwischen 18 und 20 Uhr, wenn die Leute vor dem Abend-essen etwas trinken. Und dann wieder ab 23 Uhr, wenn sie danach mit drei Flaschen Wein intus zurückkommen. Letzte Runde ist um Viertel nach Eins, um zwei Uhr sperren wir offiziell zu
und um drei bin ich zu Hause. 

Wie halten Sie es mit Alkohol? 

Drei Tage pro Woche bin ich trocken. Ich will meine Drinks schmecken und bin leider schnell motiviert mitzutrinken. Manche Kollegen verzichten ganz auf Alkohol. Es gibt tolle alkoholfreie Drinks. Als Barkeeperin muss man nicht trinkfest sein. 

Machen Sie sich keine Sorgen um Ihre Leber? 

Nein. Menschen sterben auch, wenn sie nie getrunken haben.

Haben Sie Kollegen, die zu viel trinken? 

Klar, aber das Umfeld kommuniziert schnell, wenn es kritisch wird. Und wir achten auch auf unsere Gäste. Wirklich Betrunkenen servieren wir nichts mehr. Aber ja, ich verkaufe eine Droge, das ist mir bewusst.

Wie gehen Sie mit unangenehmen Gästen um? 

Bedrängen sie Personen, gehe ich dazwischen. Dann gibt es alles von ›Gehen Sie doch bitte auf Ihren Platz zurück‹ bis zum Rausschmiss und der Polizei. 

Wie oft mussten Sie schon die Polizei rufen? 

Etwa viermal. Meist wegen respektlosen Verhaltens gegenüber Personal oder Gästen. 

Wann geben Sie Getränke aufs Haus? 

Nette Stammkunden oder Barkeeper aus dem Ausland bekommen oft etwas gratis.

Was sagt der Lieblingsdrink über einen Menschen aus?

Nichts. Ich habe Menschen die härtesten Cocktails trinken sehen, die wirkten, als würden sie schon nach einer Limo umfallen. Genauso bärtige Schotten, die gesagt haben: ›Hauptsache süß und mit Erdbeere.‹

Wer setzt sich an die Bar? 

Leute, die mein Handwerk interessiert oder die quatschen wollen. Dates sitzen an einem Tisch. Die wollen mich nicht als dritte Person dabeihaben. Ich höre und sehe ja alles.

Alles?

Ein Kollege von mir musste schon zu einem Tisch gehen und sagen: ›Entschuldigung, nehmen Sie bitte die Hand aus der Dame.‹

Wie viel verdienen Sie im Monat? 

Mit Nachtzuschlägen etwa 1.900 Euro netto. Das Trinkgeld kommt obendrauf und macht einen großen Unterschied, weil unsere Arbeitgeber es beim Lohn mitbedenken. Seit Corona und Inflation bekommen wir aber weniger Trinkgeld. An guten Abenden nehme ich zwar 150 Euro mit, an schlechten aber immer öfter nur 20. 

Was sollte man sich bestellen, wenn man Liebeskummer hat?

Den besten Freund nach Hause, um zu reden. Alkohol ist keine Lösung. 

Und wenn ich mir heute Abend einen reinstellen will? 

Long Island Ice Tea oder Nuclear Daiquiri. Die bestehen fast nur aus Sprit.

Wie lange wollen Sie den Beruf machen?

Lange. Ich kenne Leute, die seit 25 Jahren hinter der Bar stehen. •

Zahlen und Daten

Stand Ende 2024 gibt es in Österreich 2.558 Bars, Tanzlokale und Diskotheken. Zehn Jahre davor waren es noch 3.225.
Quelle: WKO

Österreich liegt in Sachen Alkoholkonsum laut WHO weltweit im Spitzenfeld.

Es wird geschätzt, dass 15 % der Österreicher – 19 % der Männer und 11 % der Frauen – eine zumindest längerfristig gesundheitsschädigende Menge Alkohol trinken. 

Der Alkoholkonsum in Österreich ist aber seit den 1970er-Jahren rückläufig. Für das Jahr 2023 wird geschätzt, dass in der Bevölkerung im Alter ab 15 Jahren pro Kopf 11,6 Liter Reinalkohol pro Jahr bzw.
25 Gramm Alkohol pro Tag, also etwas mehr als ein halber Liter Bier konsumiert wurden.

Quelle: BMASGK & WHO

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