Mein Datum : 23. Juni 2016

Der britische Botschafter Leigh Turner über das Brexit-Referendum.

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Fotografie  :
Alex Hammond, Britische Botschaft
DATUM Ausgabe Juni 2021

Als das Referendum in Großbritannien statt­ge­funden hat, war ich gerade als Generalkonsul in Istanbul tätig, aber ich habe die Debatte natürlich verfolgt. Am Tag nach dem Referendum, als es morgens noch dunkel war, habe ich BBC eingeschaltet und sofort gesehen, dass das Ergebnis für den Brexit ausfallen wird. Ich habe mir gedacht : Das ändert alles.

Mir war sofort klar, dass diese Entscheidung eine historische war, dass sie uns als Land prägen würde – und dass sich auch mein Leben völlig ändern würde. Ich wusste zu dieser Zeit schon, dass ich Botschafter in Wien werde.

Zu Beginn meiner Amtszeit wollten alle von mir wissen : Warum haben die Briten so entschieden ? Viele Leute haben das als uner­wartet empfunden, auch die höchsten Politiker des Landes wollten den Brexit mit mir besprechen. Ich war auch sehr viel im Fernsehen und Radio. Ich weiß noch, ich bin ständig früh aufgestanden und zu Fuß ins Funkhaus zum ­Ö1-Morgenjournal-­Interview ­gegangen.

Es gibt viele Leute in Großbritannien, die sich sehr über den Brexit gefreut haben, und auch viele Leute, die sich gar nicht da­rüber ­gefreut haben. Ich vertrete beide Gruppen, aber ich ­vertrete vor allem die britische Regierung, die den ­Brexit stark unterstützt und dann auch durchgesetzt hat.

Wir haben schnell entschieden, ein paar Touren durch Österreich zu machen, um die Lage zu erklären : Was der Brexit für die Briten hier bedeutet und wie sie sich am besten darauf vorbereiten können. Wir sind von einem Ende Österreichs zum an­deren gefahren, und ich ­­habe persönlich die Hand von ungefähr 4.000 Briten geschüttelt. Mein erster Besuch war in Bregenz, und wir sind in ­einen Saal gegangen, wo ­un­ge­fähr 20 Briten an einem Tisch saßen.

Aber das hat mich mit Stolz erfüllt, dass sogar in Vorarlberg 20 Briten zusam­menkommen und von mir hören wollen, wie es ­weiter­gehen könnte. Sie hatten ­be­rechtigte Sorgen, zum Beispiel, ob sie noch Pension ­be­­­kämen oder zurückziehen müssten. Die Antworten konnte ich damals noch nicht klar geben, da es davon abhängig war, ob Großbritannien die EU mit Abkommen verlässt oder ohne. Ich bin sehr zufrieden, dass wir letztendlich mit einem Abkommen aus der EU ausgetreten sind und auch, dass wir elf Monate später mit einem Wirt­schaftsabkommen am Ende der Übergangsphase zusammengekommen sind.

Im September werde ich als Botschafter abgelöst, vielleicht werde ich aber in Österreich bleiben. Ich blicke mit Freude auf eine wirklich fas­zinierende Karriere zurück. Aber ich blicke auch mit Hoffnung in die Zukunft. Mein Hobby ist es, Romane zu schreiben, vor allem Thriller. Ich möchte weiterhin Bücher schreiben, vielleicht auch eines über Österreich. •

Zur  Person:

Robert Leigh Turner war von 2008 bis 2012 britischer Botschafter in der Ukraine, seit 2016 repräsentiert er sein Land diplomatisch in Österreich. Nebenbei schreibt Turner Romane.

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