Mensch, ärgere dich ruhig!

Über die vergessene pädagogische Grundlage von Monopoly und DKT.

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Illustration:
Blagovesta Bakardjieva
DATUM Ausgabe Oktober 2023

Warum spielen wir Gesellschaftsspiele? Um uns als Gruppe gemeinsam gut zu unter­halten, könnte eine spontane Antwort lauten. Der Erfolg von Spielen wie ›DKT – Das kaufmännische Talent‹ steht dazu jedoch auffallend im Widerspruch. Denn DKT, die österreichische Variante des im Rest der Welt als ›Monopoly‹ geläufigen Spiels, ist so ungefähr das Gegenteil dessen, was heute als ›kooperatives Spiel‹ vermarktet wird.

Ziel von DKT ist es, als Einzelner so viel Eigentum zu horten, dass man die anderen Mietwucherer, ich meine Mitspieler, in die Pleite treibt. Als ich ein Kind war, wurde in meiner Familie kaum je so viel gestritten wie beim DKT-Spielen. Mein Vater war grundsätzlich der Meinung, dass das Verhalten des finanziell in Führung liegenden Spielers unmoralisch sei – was wohl stimmte, durch das Spielprinzip aber erzwungen war. Einmal gelang es meinem großen Bruder, mir das wertvollste Grundstück des Spiels durch geschicktes Argumentieren abzuluchsen. Der Zorn des pater familias traf ihn so heftig, dass der Spieleabend abgebrochen werden musste.

Kürzlich, rund 30 Jahre nach diesem Vorfall, rief mich mein Bruder an um mir zu erzählen, was er über die Geschichte von DKT herausgefunden hatte: Wie Monopoly basiert es auf dem 1904 von der US-amerikanischen Quäkerin Elizabeth Magie Phillips erfundenen ›The Landlord’s Game‹. Phillips war Anhängerin der ökonomischen Lehre des Georgismus, der alle Steuern mit Ausnahme jener auf Grundbesitz abschaffen wollte und dem unter anderem Winston Churchill anhing (der sich damit gegen die britischen Lords jedoch nicht durchsetzte). Mit ihrem Brettspiel wollte Phillips zeigen, was im schlimmsten Fall passiert, wenn Grundbesitz nicht besteuert wird und der akkumulierte Reichtum Einzelner alle anderen in die Mietknechtschaft zwingt. ›The Landlord’s Game‹, und somit auch seine Nachfolger Monopoly und DKT, sind also in Wahrheit Anti-Spiele, die nach dem Willen ihrer Erfinderin kein Vergnügen bereiten, sondern Ärger hervorrufen sollten.

Wie gerne würde ich meinem Vater noch sagen, dass er doch Recht hatte. •

›DKT – Das kaufmännische Talent‹ · Verlag: Piatnik (seit 2008)

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