Grippe, Corona, RS-Virus: Die Krankheitswelle um den Jahreswechsel hat Österreichs Kinderärzte an den Rand des Kollapses gebracht. Was braucht die Pädiatrie, um zu genesen?
Im Wartezimmer des Kindermedizinischen Zentrums Augarten (Kiz) ist wie in derzeit wohl jeder Wiener Kassenordination viel los. Alle paar Minuten rollt ein Kinderwagen durch den Eingang Richtung Empfang. Buben und Mädchen laufen zwischen den Sitzbänken des giftgrünen Wartezimmers um die Wette. Manche schreien schon, bevor sie auch nur in die Nähe der ersten Nadel gekommen sind.
Auf der Plexiglasscheibe, die die Sprechstundenhilfe vor Infektionen schützen soll, klebt ein großes, blaues Schild. Beschimpfen oder bedrohen Eltern das Personal, werde umgehend die Polizei verständigt, steht dort in fetten Lettern geschrieben. Beleidigungen und körperliche Bedrohungen gehören in Kinderärztepraxen mittlerweile zum Alltag. Doch sie sind bloß Symptom einer tieferliegenden Krise der hiesigen Kinder- und Jugendheilkunde.
Nur noch wenige Kinderärzte nehmen neue Patienten auf. Und bestehende Patienten müssen immer länger auf Termine warten. Die Verzweiflung der Eltern schlägt nun immer öfter in Wut um. Wut, die sie mitunter auf den Schultern der wenigen verbleibenden Kassenordinationen abladen. Auch wenn sie sich oft gegen die Falschen richtet: Unbegründet ist die Wut der Eltern nicht. Es ist schwer, die Beherrschung zu wahren, wenn die Gesundheit von Kindern gefährdet ist. Und ebendie kann das öffentliche Gesundheitssystem kaum noch gewährleisten. Denn Österreich gehen die Kassen-Kinderärzte aus. Für diese Diagnose genügt eine Handvoll Zahlen. Im ganzen Land praktiziert in jedem dritten Bezirk nur noch ein Kassen-Kinderarzt. In einigen gar keiner mehr. 190.000 Kinder in Wien allein sind unter zehn Jahre alt – versorgt von rund 70 Kinderarztordinationen mit Kassenvertrag. Zwei Drittel der Niedergelassenen in Wien arbeiten privat. Tendenz steigend. So ist ein Teufelskreis entstanden. Denn je weniger Kassen-Kinderärzte existieren, umso schlechter werden die Arbeitsbedingungen für die Verbleibenden. Und umso seltener unterschreiben junge Mediziner einen neuen Kassenvertrag.
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