Schlussfolgern mit Sherlock

Kriminalfälle im viktorianischen London löst man am besten mit nüchterner Deduktion.

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Illustration:
Blagovesta Bakardjieva
DATUM Ausgabe Mai 2023

Die Popularität von Sherlock Holmes ist 137 Jahre nach der Erfindung der Figur durch Sir Arthur Conan Doyle ungebrochen. Das zeigt sich auch an den zahllosen Brettspielen und Rätselbüchern, die das spätviktorianische London von Holmes und Watson meist als recht beliebige Kulisse nutzen. 

Aus dieser Schwemme sticht ›Sherlock Holmes: Beratender Detektiv‹ positiv heraus, geht es bei diesem kooperativen Gesellschaftsspiel doch tatsächlich darum, mittels rationaler Deduktion komplexe Kriminalfälle zu lösen. Das Spielteam findet sich in der Rolle von Assistenten des Meisterdetektivs wieder, der den jeweiligen Fall erklärend einleitet und die Spieler sodann ihrem Spürsinn überlässt.

Ein Plan von London, ein Adressbuch mit den Kontakten unzähliger potenziell Verdächtiger und Informanten sowie eine aktuelle Ausgabe der Times sind die einzigen Hilfsmittel, die zur Verfügung stehen. Gemeinsam entscheiden die Ermittler, welchen Hinweisen sie nachgehen wollen und schlagen dann unter dem entsprechenden Abschnitt im Fallbuch nach. Ein ›Ihr habt gewonnen‹ oder Ähnliches sucht man dort allerdings vergebens: Die Spielmechanik besteht allein darin, die anfangs oft verwirrenden Faktensplitter gemeinsam zu einer plausiblen Theorie des Tathergangs zusammenzusetzen. Je nach Tempo und Hartnäckigkeit der Gruppe kann ein Fall schon einmal viele Stunden dauern, denn wann genügend Hinweise gesammelt wurden, entscheiden die Ermittler selbst. 

Der Moment der Wahrheit kommt, wenn der Umschlag mit den Fragen zum Fall geöffnet wird. Auf ihre Beantwortung durch das Team folgt die Verlesung der Fallanalyse in den Worten Sherlock Holmes’. Entspricht die Lösung der Spieler in den wesentlichen Aspekten jener des Meisterdetektivs, dann gibt es Punkte. Abzüge fallen an, wenn das Team dafür mehr Hinweisen nachgehen musste als Mr. Holmes höchstselbst (was absolut immer der Fall ist). Manche der zehn Fälle erscheinen weniger plausibel und lösbar als andere. Dennoch ist der Spielspaß insgesamt groß – etwas Sitzfleisch und Lust an nüchternen Schlussfolgerungen vorausgesetzt.

 

Titel: Sherlock Holmes, Beratender Detektiv: Die Themse-Morde und andere Fälle

Autoren: Gary Grady, Suzanne Goldberg, Raymond Edwards · Verlag: Space Cowboys 

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