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Wie es ist … eine Universität vor der Pleite zu retten

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Fotografie:
Uni Graz/Thomas Luef
DATUM Ausgabe Dezember 2022/Jänner 2023

An der Uni Graz ist der Betrieb ins Stocken geraten. Im Moment planen wir, finanzielle Löcher zu stopfen und schauen, wie wir durch die nächsten zwei Jahre kommen. Unser Budget bis 2024 wurde festgelegt, als man noch eine Teuerung von circa zwei Prozent erwartet hat. Inzwischen sind wir in ganz anderen Dimensionen angekommen. Daher bleibt uns nichts anderes übrig,
als Kosten zu reduzieren. Wir müssen teilweise harte Entscheidungen treffen. 

70 Prozent unserer Aus­gaben sind aktuell Personalkosten. Die ausstehende ­Gehaltserhöhung nach dem Kollektivvertrag wird diese Kosten sehr stark in die Höhe treiben. Das bedeutet für uns: Ohne zusätzliche Mittel können wichtige Professuren nicht besetzt und die Verträge junger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nicht verlängert werden. Wir reden hier von den Schlüsselarbeitskräften der Universität. Das bedeutet aber nicht, dass es Kündigungen geben wird. Denn ein hoher Anteil der Beschäftigten ist befristet angestellt. Unserer Schätzung nach könnten im nächsten Jahr circa hundert Stellen gefährdet sein und eventuell nicht nachbesetzt werden. Zurückhaltung bei Ausschreibungen gibt es schon jetzt, andere Universitäten haben ja sogar einen Aufnahmestopp ­verkündet.

Das hat unmittelbare ­Effekte auf die Wissenschaft als Beruf. Junge Forscherinnen und Forscher wenden sich ab und orientieren sich in anderen Bereichen. Für die Studierenden könnte das die Auswirkung haben, dass es manche Kurse nicht mehr geben wird und die Hörsäle voller werden. Wir stehen dann vor der heiklen Abwägung, in welchem Wissenschaftsbereich wir Personal kürzen. Der wichtigste ­Maßstab dabei sind die ­Studierendenzahlen, die ­beispielsweise in den geisteswissenschaftlichen Fächern zurückgegangen sind. Sprachangebote wie Arabisch oder slawische Sprachen könnte es dadurch in Graz bald nicht mehr geben. Ich hoffe, dass es nicht so weit kommt. Denn wir haben als größte Universität in Süd­österreich eine Ausbildungsverantwortung. Die Slawistik beispielsweise wird nicht von Studierenden überlaufen, aber bietet gerade in unserer geografischen Region eine wichtige Ausbildung. Derartige hochschulpolitischen Fragen vermischen sich aktuell mit den wirtschaftlichen. Wir können und wollen als Hochschule nicht nach rein betriebswirtschaftlichen ­Kriterien agieren. In diesen Zeiten müssen wir das aber. 

Ein weiterer Hebel, um Kosten zu sparen, sind die viel diskutierten Energiemaßnahmen. Wir haben die Raumtemperatur einheitlich auf maximal 21 Grad geregelt. Damit machen wir das zwar noch nicht so drastisch wie andere Einrichtungen, wo das Maximum bei 19 Grad liegt. Doch es ist uns wichtig, dass die Menschen gerade nach der Covid-Zeit wieder an die Universität zurück­kehren können. Wir wollen eine Präsenz-Universität sein.

Daneben muss man allerdings auch die langfristige Unterfinanzierung der österreichischen Universitäten sehen. Da fehlt es an Bewusstsein in der gesamten Regierung, dass wir gerade in schlechten Zeiten einen ­Investitionsschub brauchen. Denn die größte Inno­vationsleistung findet in ­Österreich an den Uni­versitäten statt. •

Zur Person:

Peter Riedler (53) ist seit 2021 geschäftsführender Rektor der Universität Graz. Gemeinsam mit Vertretern der vier anderen steirischen Unis ging er im November gegen die aus seiner Sicht zu geringe Erhöhung des Universitätsbudgets auf die Straße.

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