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Wie es ist … Love-Scammer zu jagen

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Fotografie:
Frederica Summereder/ÖIAT
DATUM Ausgabe Oktober 2024

Love-Scams sind eine der perfidesten Arten des ­Betrugs, bei dem Täter eine Liebesbeziehung vorspielen, um so an Geld zu kommen. Ihre Opfer schweigen darüber oft aus Scham, Angst oder Verzweiflung. Deshalb habe ich mich als IT-Forscherin selbst auf die Jagd nach Betrügern gemacht, um mehr über ihre Masche zu lernen. Mein Schwerpunkt lag auf ­sogenannten ›Pig-Butchering-Scams‹. Der Name rührt daher, dass Täter ihre Opfer langsam ausbluten lassen. Es geht nicht um das schnelle Geld, sondern oft um existenzbedrohende Summen, die Opfer nach Monaten in der Hoffnung auf Liebe und auch Reichtum überweisen.

Love-Scammer suchen ihre Opfer naturgemäß auf Dating-Plattformen. Deshalb habe ich selbst ein Fake-Profil erstellt. Ich nannte mich ­Vanessa, Anfang 30, unscheinbare Büroangestellte, die gut verdient, aber mehr vom Leben möchte. Kein Model, sondern die junge Frau von nebenan. Opfer sind längst nicht mehr nur einsame Frauen mittleren Alters, ­sondern auch immer mehr junge Menschen. Also lud ich ein KI-generiertes Bild und meine Personenbeschreibung auf Tinder hoch und wartete. 

Es dauerte ein paar Wochen, bis sich die ersten Be­trüger – insgesamt fünf – meldeten. Anfangs war es schwer, sie zu erkennen. Sie verwendeten mit Filtern aufgehübschte Fotos und gaben an, im Finanzsektor zu arbeiten – heutzutage entspricht das auch den Profilen vieler ›echter‹  Menschen. Ich habe darauf ­geachtet, dass ich nur länger mit Profilen schreibe, die auch Anzeichen von Betrug aufweisen. Wenn jemand etwa nach wochenlangem Kontakt keinem Treffen zustimmt, sollten die Alarmglocken schrillen. 

Die längste Konversation führte ich mit einem Mann, der sich als wohlhabend ausgab und angeblich die Frau fürs Leben suchte. Er wollte mich näher kennenlernen, bevor er sich auf ein Treffen einließ. Eine traurige Erkenntnis dabei: Mit Love-Scammern zu schreiben war oft angenehmer als mit echten Männern. Keine Belästigung, keine unangebrachten Nachrichten oder Dickpics. Sie fragen, wie es einem geht und teilen vermeintlich wahre Geschichten aus ihrem Leben.

Und Love-Scammer wollen sicherstellen, dass ihr Opfer emotional abhängig ist, bevor sie das Thema Geld ansprechen. In meinem Fall kam davor die Aufforderung, meine Dating-Apps zu löschen, um eine digitale Beziehung zu führen. Später wollte die ­Person, dass ich ein Krypto-Wallet eröffne und an eine – wie ich wusste gefälschte – ­Investmentplattform Geld überweise. Er wolle gemeinsam mit mir reich werden, um dann zusammen zu sein. Als er merkte, dass ich kein Geld schicken würde, schrieb er mir plötzlich ein Codewort auf Mandarin – Betrüger sitzen sehr oft in ­Ostasien. Er dachte wohl, dass gerade zwei Betrüger mit­einander schreiben – und ganz so falsch lag er ja nicht. Als ich mich als ­Forscherin zu erkennen gab, brach er den Kontakt ab. 

Das Learning: Wenn man im Internet aufgefordert wird, Geld zu überweisen, sollte man davor immer Rücksprache mit einer Vertrauensperson oder Beratungsstelle halten. Genau das fällt aber schwer, wenn man monatelang von ­jemandem Liebe vorgespielt bekommen hat und dann unter Druck gesetzt wird. In einer so verletzlichen Situation kann jeder auf diese Art von Betrug hereinfallen – egal, wie vorsichtig man ist. •

Julia Krickl (31) ist Forscherin beim Österreichischen Institut für angewandte Telekommunikation (ÖIAT). Sie fokussiert dabei auf Algorithmen, Künstliche Intelligenz und deren ethische Anwendung in den Bereichen E-Commerce, Soziale Netz-werke und Cyberkriminalität.

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