›Wir müssen auch schwer arbeiten‹
Name: Erich Gsellmann, 61
Beruf: Bademeister im Gänsehäufel
Wie sind Sie Bademeister geworden?
Eigentlich bin ich gelernter Drogist. Ich habe damals im AKH Wien als Laborant gearbeitet und schwach radioaktive Sachen auf diverse Stationen gebracht. Der Hausmeister dort war im Schafbergbad auch Bademeister und hat gesagt: ›Das ist leiwand, da bist du im Sommer immer an der frischen Luft.‹ Ich wollte im AKH nicht versauern, und Frischluft-freundlich bin ich auch. Also habe ich die Stelle an den Nagel gehängt und bin Saisonarbeiter geworden.
Wie lang ist das her?
Das war 1986. Du wirst wahrscheinlich keinen finden, der länger bei der MA44 ist.
Was muss man können, um Bademeister zu werden?
In erster Linie: Schwimmen. (lacht) Aber man sollte auch mit Leuten umgehen können. Das lernt man mit den Jahren. Am Anfang gibt es eine Eignungsprüfung, bei der man eine gewisse Anzahl Längen schwimmen muss. Damals musste ich auch einen Bademeister aus viereinhalb Metern rauftauchen und ans Ufer bringen. Heute machen wir das mit Ringen, nicht mit Menschen. Alle drei Jahre absolviere ich einen Erste-Hilfe-Kurs.
Gibt es viele Notfälle?
Immer wieder, meistens ist es Gott sei Dank aber nur falscher Alarm. Aber es hat auch schon einmal eine Leiche angespült, ein Kollege hat sie entdeckt und mich gerufen. Der Mann war schon drei Tage abgängig. Ein 23-Jähriger war das, im Wasser hat er ausgeschaut wie 50. Die Polizei hat ihn dann geborgen.
Was ist anders am Bademeister-Job, als die meisten Leute denken?
Dass wir zeitweise auch schwer arbeiten müssen. Das sieht ja keiner. Im Frühjahr beim Herrichten und im Herbst beim Wegräumen müssen wir ziemlich viel schleppen. Bänke, Mistkübel, Bojen. Wenn nicht viel los ist, machen wir auch Arbeiten am Gelände, Mähen oder Laub wegräumen. Wirklich stressig wird es bei längeren Hitzewellen. Wir sind den ganzen Tag in der Sonne, das schlaucht ganz schön.
Woran erkennt man einen guten Bademeister?
Er sollte Ruhe ausstrahlen, alles im Blick haben und diplomatisch vorgehen. Man kann nicht mit jedem auf die gleiche Art reden. Wenn Jugendliche wirklich frech sind, hole ich sie mit einem Pfiff zu mir und halte eine kurze Ansprache. Streng muss man sein, aber schimpfen geht gar nicht.
Klappt das immer?
Na ja, es gab auch schon Racheaktionen. Am Oststrand ist eine Gruppe Jugendlicher, die tagsüber rausgeschmissen wurde, über Nacht eingedrungen und hat die Hütten mit Spraydosen angeschmiert. Meine Kollegen durften das dann wegputzen. Ich habe ihnen gesagt: ›Das ist ein Kompliment, dass wir unsere Arbeit gut gemacht haben.‹ Wenn man sich ärgert, haben sie gewonnen.
Wie kommen Sie mit den Schwänen zurecht?
Sie können schon recht aggressiv werden. Als ich angefangen hab, hat man mir von einem Killer-Schwan erzählt, der von der Alten Donau bis zum Wellenbecken watschelt, um den Kindern die Pommes aus der Hand zu fressen. Die Schwäne verletzen sich aber auch brutal gegenseitig. Die Verletzten fangen wir ein und rufen die Tierrettung.
Wieviel verdient man als Bademeister?
Das Grundgehalt als Badewart sind rund 1.600 Euro netto. Mit der Aufzahlung auf Bade-meister für die Aufsicht und mit Überstunden pendelt es sich im Sommer zwischen 1.800 und 2.000 Euro ein.
Was machen Sie im Winter?
Ich bin arbeitslos. Ich bastle gern am Motorrad, und beim Haus habe ich sowieso immer etwas zu tun. Ich komme so durch. •
Zahlen und Daten:
Bei Vollbetrieb aller Bäder in Wien arbeiten rund 200 Bademeister, davon acht Bademeisterinnen. Von diesen 200 sind ca. 50 Schwimmlehrer in Hallenbädern und rund 150 Bassinaufseher in Freibädern. Im Jahr 2022 besuchten 3,1 Millionen Menschen die 38 städtischen Wiener Bäder, die insgesamt 31.132 Kubikmeter Wasser fassen. Am Gänsehäufel sind es jährlich im Durchschnitt circa 485.000 Besucher.