Baba Bank
In den vergangenen 20 Jahren hat jede dritte Bankfiliale in Österreich geschlossen. Besonders kleine, ländliche Gemeinden fürchten, dass sie die lokale Wirtschaft mitreißen. Ein Frontbericht vom Rückzugsgefecht der Bargeldversorgung.
Es gibt auch in Niederösterreich Ortschaften wie aus einem Fremdenverkehrsprospekt – und St. Aegyd am Neuwalde ist definitiv eine davon. Wenn man von St. Pölten aus dem Lauf der Traisen stromaufwärts folgt und dann, ab Freiland, einem ihrer Quellflüsse, der Unrechttraisen, wird es von Ort zu Ort pittoresker. Entlang der Bundesstraße 214 (oder, wenn man sich mehr Zeit nehmen will, entlang des Traisental-Radwegs, der hier bis Mariazell führt) breitet sich ein prächtiges Wiesental aus, umgeben von sattgrünen Mischwäldern, unterbrochen mehr und mehr von schroffen Felskanzeln, je weiter man ins Gebirge vordringt. Es riecht nach frisch gemähtem Heu, nach dem riesigen Sägewerk von Innerfahrafeld, nach Wald, Weidevieh und frischer Bergluft.
Mitten in diesem alpinen Idyll – die höchsten Berge in der Gegend, die Gipfel des Gippel-Göller-Zuges, kommen auf für niederösterreichische Verhältnisse beachtliche 1.600 Meter und mehr – liegt die 1.800-Einwohner-Gemeinde St. Aegyd. Am Ortseingang nimmt eine Fabrik fast genausoviel Platz ein wie der Rest der Ortschaft – seit gut 200 Jahren werden hier Eisen und Stahl verarbeitet. Einst stand hier, günstig gelegen nahe der steirischen Eisenwurzen und umgeben von brennstoffreichen Wäldern, die wichtigste Feilenfabrik Österreichs, heute werden Stahlseile gesponnen, Auspuffe und andere Autoteile hergestellt und in die ganze Welt exportiert.
Dahinter fädelt sich entlang der Bundesstraße eine Szene auf, die man am besten mit dem Wort ›Sommerfrische‹ umschreiben würde: Zwei- und dreistöckige Gründerzeithäuser säumen die Hauptstraße abwechselnd mit neueren Einfamilien- und Arbeiterwohnhäusern, alle mit adrett gepflegten Gärten. Mehrere Gasthöfe laden zum Verweilen unter Linden ein..
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