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Das große Brummen

Wärmepumpen sind ökologisch, billig und populär. Ihr Sound aber kann Menschen krank machen.

DATUM Ausgabe Dezember 2019

Es klingt wie ein Flugzeug, das über dem Haus verharrt. So beschreiben Julia und Andreas Weber* jenen Ton, den sie, sobald die Tage kühler werden, Tag für Tag in ihrem Haus in einer niederösterreichischen Gemeinde im Bezirk Tulln hören. Wohnzimmer, Küche, Schlafzimmer, Badezimmer, Terrasse – kein Ort in ihrem und rund um ihr Haus bleibt verschont. Es ist ein tiefes Brummen, im Fachjargon ein Brummton, den die Familie temporär hört. Die Quelle : eine Wärmepumpe in der Nachbarschaft.

Andreas und Julia Weber sind mit ihren beiden Kindern im Juni 2015 von Wien nach Niederösterreich gezogen. Rund 30 Minuten dauert die Fahrt von der Hauptstadt mit dem Zug in ihr rund 1.500 Einwohner zählendes Dorf. Dort angekommen, fällt als erstes die Stille auf. Es gibt kaum Verkehr auf der Straße, nur hin und wieder Vogelgezwitscher auf dem Weg durch die Siedlungen. Der Durchschnittsbesucher wird kaum bemerken, dass hinter der Stille ein tieffrequenter Lärm liegt, da eine so tiefe Frequenz für die meisten Menschen nicht wahrnehmbar ist. Das Geräusch war außerdem nicht immer da. Bis zum Herbst 2017 gab es keine Probleme, für Familie Weber verlief nach dem Umzug mehr als zwei Jahre alles wie erhofft. Ihr eigenes Haus ist mit einer Wärmepumpe ausgestattet, die bei geschlossenen Fenstern nicht zu hören war. Lediglich die Luftwärmepumpe eines Nach­bar­hauses der gemeinsamen Siedlung ist im Badezimmer hörbar gewesen. Doch dann wurde neben der eigenen Siedlung eine weitere gebaut, die wie die bestehende mit Wärmepumpen ausgestattet wurde. Es gab jedoch ein paar feine Unterschiede : anderer Hersteller, anderes Modell, andere Positionierung. Als die neuen Pumpen im Winter schließlich anfingen, auf Hochtouren zu arbeiten, kam auch der Brummton. Seither sind die Webers auf der Suche nach einer Lösung – mit den Herstellern, mit den Nachbarn, mit sich selbst.  

Die Wärmepumpe gilt in Zeiten des Klimawandels als probate Heizform, weil sie – elektrisch betrieben – ­Wärme­energie etwa aus der Umgebungsluft erzeugt. Im Jahr 2018 waren in Österreich rund 300.000 davon in Betrieb. Gleichzeitig sind sie gemeinsam mit Windtur­binen und Klimaanlagen aber auch Verursacher von tieffrequentem Schall – sogenannten Brummtönen, auf die manche Menschen empfindlich reagieren. Als Brumm­töne nehmen Betroffene tiefe Töne mit Frequenzen im Bereich von etwa 40 bis 100 Hertz wahr, mit denen sie dauerhaft oder plötzlich konfrontiert sind. 

Julia Weber beschreibt das so : Im Herbst 2017 ist sie im Kinderzimmer, um ihren Sohn schlafen zu legen. Da fängt das Brummen an. › Und dann hat es immer gewummert und gewummert und gebrummt ‹, sagt sie. Es folgt der erste Kontakt mit der für die Pumpen verantwort­lichen Baufirma. Die Mitarbeiter raten den Webers, Thujen zu pflanzen, um den Schall zu dämmen, und den bestehenden Holzzaun abzubauen, da dieser den Schall nur verstärken würde. Beides hilft nicht. Die beiden finden schließlich sogar heraus, dass Pflanzen bei tieffrequentem Schall generell überhaupt keine Wirkung zeigen. Bei einigen Wärmepumpen in der Nachbarsiedlung  werden die Rotorblätter ausgetauscht – wieder keine Verbesserung. Im April 2018 findet der erste Runde Tisch statt. Die Baufirma, der Installateur und der Luftwärmepumpenhersteller sind dabei. Bei einem weiteren Treffen im Mai 2018 sind dann auch ein Schall­haubenhersteller und die Nachbarn dabei. Sie sprechen von Verbesserungen und Verbesserungsmöglichkeiten, machen viele Versprechungen. Schließlich bringen sie eine Schallhaube über einer Wärmepumpe an – › leider die falsche ‹, meint Andreas Weber heute. ›Die Personen der beteiligten Firmen, mit denen wir in Kontakt standen, wirkten überfordert. Es wurden Messgeräte eingesetzt, die die Problematik technisch nicht erfassen konnten.‹ Seit Oktober 2017 fanden nicht nur die zwei Runden Tische statt, es kam auch zu zahlreichen Gesprächen, E-Mail-­Kontakten und Telefonaten mit der Baufirma, dem Installateur, Nachbarn und Behörden. Bisher ist kein Ende in Sicht.

Dann, im Frühjahr 2018, endet die Hauptheizsaison für die Wärmepumpen. Das › Dauergewummer ‹ geht jedoch weiter. Den Webers wird klar: Es muss noch eine weitere tieffrequente Schallquelle geben, › die zufälligerweise im gleichen Zeitraum zum Problem wurde‹. Das zweite Geräusch ähnelt keinem Flugzeug, sondern einem Lkw. Er fährt, kommt aber nicht näher. Dieses Geräusch ist immer da: 24 Stunden, sieben Tage die Woche. Die beiden nehmen es als einen unregelmäßigen Bass oder Druck auf den Ohren wahr. Somit wird klar, die Wärmepumpen haben zwar für den temporären tiefen Ton im Haus gesorgt, das Dauerwummern aber stammt von einer zusätzlichen, noch unbekannten Schallquelle. 

Damit sind die Webers nicht allein. Auch andere Familien leiden unter Brummtönen. Weltweit sind wissenschaftlichen Studien zufolge zwischen zwei und vier Prozent der Bevölkerung betroffen. Auf Facebook existiert seit 2015 eine Gruppe namens › Das Brummton-Phänomen ‹. Dort finden sich Mitglieder aus Österreich, aber auch aus weiteren europäischen Ländern – vorwiegend Deutschland – zusammen, um sich auszutauschen, einander zu ermutigen und gemeinsam über Ursachen und Lösungen des Problems zu diskutieren. Nicht selten spricht man vom Leiden unter dem Dauerton, die Geplagten schreiben einander zum Beispiel mit › Liebe Leidensgenossen‹ an.

Wer ständig ein Geräusch, einen unangenehmen Ton wahrnimmt, wird über kurz oder lang mit Beschwerden rechnen müssen. Laut Umweltmediziner Hans-Peter Hutter hängen lärmverursachte Symptome sowohl von akustischen als auch von persönlichen beziehungsweise situationsbezogenen Faktoren ab. In­tensität, Schallpegel, Frequenz und Charakteristik sind ausschlaggebend – also, ob das Geräusch höher, lauter, leiser, gleichförmig oder wellenförmig ist. Dabei macht es einen großen Unterschied, ob die Störung nur in der Nacht oder auch tagsüber wahrnehmbar ist. ›Es kommt aber auch darauf an, ob man gesund oder etwa chronisch krank ist, und nicht zuletzt, wie man mit Umwelt- und stressigen Alltagsbelastungen generell zurechtkommt. Das ist zu bedenken, wenn es um die ärztliche Beurteilung eines Dauertons geht ‹, sagt Hutter. ›Speziell tieffrequente Brummtöne, die sich vom üblichen akustischen Hintergrund abheben, haben auf Dauer ein vergleichsweise höheres Belästigungs- und Beeinträchtigungspotenzial.‹

Wer einem Brummton dauerhaft ausgesetzt ist, bemerkt die Veränderungen meistens zuerst im mentalen Bereich. › Es kann mit Störungen der geistigen Leistungsfähigkeit wie verringerte Aufmerksamkeit und ­Konzentrationsfähigkeit sowie eingeschränkte Ge­dächt­nisleistungen beginnen, gefolgt von emotionalen Reaktionen ‹, sagt Hutter. Je nach Persönlichkeit äußern sich diese meist auf zwei Arten. Manche Menschen ziehen sich eher in sich zurück, andere explodieren regelrecht – jedenfalls komme es zu einer erheblichen Einschränkung der Lebensqualität .

Gerade bei Brummtönen ist die Schallquelle nicht leicht zu finden. › Für Brummtöne braucht man Schallmessgeräte, die sehr tieffrequent messen, und entsprechende Mikrofone ‹, sagt Harald Graf-Müller. Seit 1996 betreibt er ein Ingenieursbüro für technische Physik und eine Unternehmensberatung für Technik, Technologie und Umweltmanagement in der Nähe von Graz. Wird er zu einem Problem gerufen, macht er sich zuerst auf die Suche nach dem Ton. Dabei muss festgestellt werden, ob das gefundene Brummgeräusch auch jenes ist, welches von der betroffenen Person gehört wird. Seine Arbeitsbehelfe dabei : ein Schallmessgerät sowie jahrelange Erfahrung. › Wenn man genug Zeit investiert, findet man die Quelle mit guter Wahrscheinlichkeit. Wenn sie aber in zehn Kilometer Entfernung steht, wird es eng. Da muss man sehr lange suchen.‹ Dass Brummtöne so schwer zu finden sind, liegt an ihrer Wellenlänge. Während ein 1.000-Hertz-Pfeifen beispielsweise eine Wellenlänge von 0,34 Metern hat, misst ein Brummton mit 20 Hertz 17 Meter. Ein hoher Ton lässt sich schon durch Drehen des Kopfes orten. Bei einem tiefen Brummen ist das nicht möglich.

Im Fall der Familie Weber zeigen sich die Auswirkungen der Brummtöne im körperlichen und emotionalen Bereich. Julia leidet unter Stress, Verspannungen und Konzentrationsstörungen. › Ich höre überall ein tiefes Brummen, weil ich darauf schon total sensibilisiert bin. Eigentlich beschäftigt mich das jeden Tag. Man gerät teilweise an den Rand des eigenen Verstandes ‹, sagt sie. Zu Hause fühlt es sich für sie an ›wie eine Fliege, die sich nie hinsetzt. Hört man sie einmal, hört man sie immer. Und das seit eineinhalb Jahren. Für mich ist es so unerträglich, dass es auch die Beziehung und die Familie belastet. Aber wir versuchen zusammenzuhalten, und ich versuche es hier auszuhalten. Es gibt aber Tage, da will ich ausziehen, weglaufen, nicht mehr leben ‹, sagt sie. Andreas hört den Ton nicht so oft und kann ihn mit Alltagsgeräuschen überdecken, leben will er aber nicht damit. Für ihn ist die Reizschwelle überschritten. Es reichen keine Verbesserungen mehr, es reicht nicht, dass der Brummton leiser wird. Er soll ganz weg.

Kennen die Hersteller der Wärmepumpen dieses Problem? Laut der Branchenvertretung Wärmepumpen Austria gab es in den vergangenen 30 Jahren eine Handvoll Fälle. › Alles, was sich dreht, verursacht ein Geräusch ‹, heißt es in einer Stellungnahme. Und oft stören die Luftgeräusche eher als die tiefen Töne. Für letztere sei der Kompressor verantwortlich, der bei Beschwerden ausgetauscht werden kann. Die andere Lösung für ein Geräusch­problem ist eine Ummantelung, der Verband nehme sich auftretender Probleme an. Wenn es gerechtfertigt ist, helfe man gerne. › Doch oftmals beschweren sich die Leute schon, obwohl das Gerät noch gar nicht eingeschaltet ist. ‹

Auch Andreas Wolf* – selbst Physiker am Institut für Bioanaloge Informationsverarbeitung an der Technischen Universität München (TUM), der aktuell in der Hörforschung promoviert – hört einen Brummton. Zuerst denkt er, der Ton käme von einer Industrieanlage, einer Pumpe oder von einem defekten Kühlschrank eines Nachbarn. Einige Zeit und einige Experimente später findet er schließlich heraus, was es ist : ein Brummton-Tinnitus. Wolf selbst hat trotz des Brummtons keine Schlafprobleme und kann die tiefen Frequenzen mit einer Geräuschkulisse überdecken. An der TUM arbeitet er derzeit an einer Studie zum › Brummton-Phänomen ‹ mit. Diese läuft in Kooperation zwischen der TUM und der Ludwig-Maximilians-Universität München. Die Idee der Studie stammte von Wolf selbst, er arbeitete auch an der Entwicklung mit. Außerdem half er, Probanden zu finden und nahm selbst an der Studie teil. › Mit dem zunehmenden Ausbau von Anlagen zur nachhaltigen Gewinnung von Energie, und im besonderen Maße von Windturbinen, nehmen auch Klagen seitens der Bevölkerung bezüglich der Belastung durch tieffrequenten Schall zu ‹, heißt es in der Studienbeschreibung. Als Teilnehmer sind jene Menschen eingeladen, die einen Brummton hören, egal ob als Tinnitus oder als nachweisbare Schallwelle. Mehrere Dutzend Teilnehmer wurden laut Wolf bei der Studie erwartet, die derzeit läuft. Gefunden wurden die Teilnehmer hauptsächlich über die Webpage sowie einen Aufruf auf der Facebook-Seite › Das Brummton-Phänomen ‹, doch auch im Gespräch mit HNO-Ärzten konnte man Teilnehmer rekrutieren. Ergebnisse soll es nächstes Frühjahr geben.

Tinnitus lässt sich bei Familie Weber ausschließen – hören doch alle den Ton und ist er auch messbar. Doch wer ist schuld an der Situation ? Die Wärmepumpe, die Nachbarn, der Hersteller, die unbekannte Quelle, oder liegt sie ganz woanders ? In der Marktstatistik 2018 des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie lässt sich ein seit 2004 vorhandener Trend zu Luft/Wasser-Wärmequellensystemen erkennen. Von 2017 auf 2018 stieg der Bestand um 8,6 Prozent, bald sollen in Österreich drei von vier neu installierten Heizungswärmepumpen inklusive Wohnraumlüftungs-­Wärmepumpen auf diesem System basieren. 2011 hatten die Luft/Wasser-Systeme erstmals den größten Markt­anteil.  Der Trend zu diesem System dürfte sich laut der Marktstatistik auch in den kommenden Jahren fortsetzen. › Die Hintergründe dieser Entwicklungen liegen einerseits an den geringeren Investitionskosten von Luft /Wasser-Wärmepumpensystemen, andererseits ist die Wärmequelle Luft in der Regel einfacher zu erschließen als das Erdreich oder das Grundwasser. In manchen Gebäudestrukturen ist Luft überhaupt die einzige mögliche Wärmequelle ‹, so die Angaben in der Marktstatistik. Erwähnt wird auch die Schallproblematik – sie wird als neue Herausforderung bezeichnet. So werden bundeseinheitliche Schallgrenzwerte und die Forschung zur Minimierung des Schalls als erforderlich bezeichnet.  

Neubausiedlungen in den Bundesländern werden bereits in 80 bis hundert Prozent der Fälle mit elektrisch betriebenen Wärmepumpen versorgt. ›Sie verursachen keine CO2- und Luft­schad­stoff-­Emissionen vor Ort. Das ist einer der großen Vorteile von Wärmepumpen. Wenn die Wärmepumpen dann noch mit Ökostrom beziehungsweise Strom direkt aus der eigenen Photovoltaik-Anlage am Dach betrieben werden, dann kommt es bei Heizung und Kühlung auch im Energiesystem zu keinen Emissionen ‹, sagt Alexander Storch, Experte im Umweltbundesamt. Relativ niedrige Strompreise und niedriger Heizwärmebedarf durch die steigende Gebäudequalität sind hier zwei Vorteile aus betriebswirtschaftlicher Sicht. Hinzu kommen Förderprogramme. Genau diese Förderprogramme stellen jedoch für Andreas Weber ein Problem dar. › In Niederösterreich bekommt man die Förderungen nur, wenn man sich für neuartige Heizungsmodelle wie Blockheizkraftwerke oder Wärmepumpen entscheidet. Alles, was sich irgendwie bewegt und Schall erzeugt. Das heißt : Einerseits fördert man und baut die Geräte, aber erzeugt dadurch halt dann Lärm ‹, sagt Weber.

Storch ist sich auch der Nachteile einer Wärmepumpe bewusst. Eine Maschine mit bewegten Teilen benötigt mehr Wartung und mehr Qualität. › Teilweise überzogen ‹ findet er jedoch das Thema Lärmentwicklung. › Wenn man etwas nicht hören will, dann sind auch relativ leise Geräusche störend. Aber natürlich muss das in jedem Einzelfall beurteilt werden. Lärmschutz-Grenzwerte, insbesondere für die Nachtruhe, sind unbedingt einzuhalten. Lärmvermeidung darüber hinaus verbessert jedenfalls die Lebensqualität und vermeidet Konflikte mit Anrainern ‹, sagt Storch. 

Die Problematik könne schon von Beginn an reduziert werden, würden Schallpegel und Schallemissionen bei der Planung und der Kaufentscheidung bereits stärker berücksichtigt. Laut Storch seien die Unterschiede zwischen den Produkten zum Teil deutlich › hörbar ‹. Bauliche Maßnahmen zur Reduzierung der Schallemissionen wären leicht möglich – er nennt, wie die Hersteller, Holzwände, Steinzäune, Mauern, Bepflanzung und die richtige Platzierung. Oder man beginnt bereits bei der Wärmepumpe selbst, laut Storch die beste Vorgangsweise : › Man könnte, da bin ich sicher, die Konstruktion, das Design und die Anlagen – die bewegten Teile, die den Lärm verursachen – so gestalten, dass sie so gut wie unhörbar sind .‹ Werden die Hersteller und Planer hier nicht verstärkt aktiv, wird sich die Akzeptanz der Geräte nicht verbessern – laut Storch könnte sie gar kippen.

Laut den Webers fehlt es an einer gesetzlichen Bestimmung, nämlich einer einheitlichen für ganz Österreich. Je nach Region gibt es unterschiedliche Lärmgrenzen. Die UN-Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt nachts eine maximale Lärmbelastung von 45 Dezibel für den ›vorbeugenden Gesundheitsschutz‹. In Österreich fällt Lärm unter Materienrecht. Die Rechtsgrundlagen für die Lärmbekämpfung teilen sich daher auf verschiedene Gesetze und Verordnungen auf und fallen in die Zuständigkeit von verschiedenen Behörden. Je nach Lärmquelle kommt eine andere Rechtsvorschrift für die Regelung des Problems zur Geltung. Hinzu kommt, dass die Wahrnehmung von Brummtönen sehr subjektiv verläuft. Am Auffinden der richtigen Anlaufstelle für Beschwerden sind Julia und Andreas Weber bisher gescheitert. 

Sie sind in ihrer Siedlung zwar nicht allein von der Brummton-Problematik betroffen, haben jedoch am meisten damit zu kämpfen. Mit einem Haus am Siedlungsrand, jedoch mit Nähe zur neuesten Siedlung, werden sie von vier Wärmepumpen beschallt. Während man sich nämlich in der Siedlung der Webers dazu entschlossen hat, die Wärmepumpen so aufzustellen, dass die Ventilatoren in die Siedlungsmitte zeigen, hat man in der neuen Siedlung entschieden, die Geräte nach außen zu richten. Dass es so laut wird, wird möglicherweise auch von der Akustik im Haus unterstützt. Große Räume, kein Parkett, nur Fliesen, große Fenster und wenig Möbel begünstigen die Schallreflexion.

Mit der Dauerbeschallung wurde auch das nachbarschaftliche Verhältnis getrübt. › Man würde sich wünschen, wenn Nachbarn neu zuziehen, dass man sich mit ihnen eine gewisse Gesprächsbasis aufbaut, die vielleicht freundschaftlich ist ‹, so Andreas. Nur ungern würden die Webers einen Schallschutzzaun aufstellen lassen : › Nicht weil er teuer ist. Ich werde nicht mehr die Gelegenheit haben, mit meinen Nachbarn zu plaudern. Dann würde ich mich total abschotten wegen dieser Maschinen. Wenn man alten Generationen zuhört, dann hat es gar keine Zäune gegeben, und die Kinder sind durch alle Gärten gerannt und man hat sich besucht ‹, sagt Julia.

Bei jenem Brummen, auf das die Webers im Frühjahr 2018 aufmerksam wurden, konnte bisher noch keine eindeutige Quelle geortet werden. Die Webers wissen nicht genau, woher es kommt und welches Gerät die Geräusche erzeugt, die Wärmepumpen sind es in diesem Fall nicht. Auch eine Nachbarin kann das zweite Geräusch hören. Laut den Webers beschreibt auch sie das Geräusch als unregelmäßigen Bass, als Druck auf den Ohren.

Mit dem zweiten Brummton wird für die Familie noch einmal klar : In Österreich gibt es zu wenig Informationen über Brummtöne, keine Beschwerdestellen, man wird allein gelassen. Auch der Bürgermeister der Gemeinde konnte keine Hilfestellung anbieten – Familie Weber solle die Schallquelle alleine ausfindig machen. Und auch von Seiten des Bezirksamtes gab es keine Unterstützung: Erst bei mehr als zehn betroffenen Personen könne ein Akt geöffnet werden. Dabei wird sich das Brummton-Problem künftig vermutlich noch steigern. Denn auch Windräder und Klimaanlagen sind Erzeuger dieser Geräusche. Alle Maschinen mit drehendem Motor bringen Belästigungspotenzial mit sich. Auf der Suche nach einer solchen zieht Julia nun oft stundenlang nachts durch den Ort. Mit der Applikation Spectroid misst sie Geräusche, vergleicht die Aufnahmen und versucht die Quelle des Brummtons zu finden.

Die Webers wollen nicht aufgeben. Sie führen bereits eine Liste mit allen Personen, an die sie sich mit ihrem Problem gewandt haben. Ausgedruckt haben sie nur die erste Seite. Bei Gesprächen zeigen sie diese her – damit andere sehen, dass es ihnen ernst ist. Sie werden weiterhin Anfragen stellen, auf Unterstützung hoffen. Damit versprochene Verbesserungen bei Wärmepumpen tatsächlich umgesetzt werden. Und um herauszufinden, wo das zweite Dauerbrummen seinen Ursprung hat. › Ich muss nur wissen, woher das Geräusch kommt, dann zahle ich den Schallschutz. Ich würde all mein Erspartes nehmen, um das zu ändern ‹, sagt Julia. Tatsächlich wurden auf viel Eigeninitiative von Julia und Andreas Weber zuletzt zwei Pumpen durch aktuellere Modelle ersetzt, die Wärmepumpen sollen damit leiser werden, zumindest solange draußen noch keine Minustemperaturen herrschen. Erst dann wird sich zeigen, ob das Schallproblem ausreichend gelöst ist. Außerdem wurde Julia bei einem ihrer nächtlichen Spaziergänge jüngst auf ein Entlüftungsrohr auf einem Dach aufmerksam, rund 50 Meter Luftlinie von ihrem Haus entfernt. Es könnte die gesuchte Schallquelle sein, sicher ist das aber nicht. Die Suche geht also weiter. Das Brummen einstweilen auch.  

* Namen von der Redaktion geändert

(c) Viessmann