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Die Kantige

Verfassungsministerin Karoline Edtstadler wird innerhalb der ÖVP immer wieder für höhere Weihen ins Spiel gebracht. Aber sind die Bürgerlichen bereit für eine Parteichefin, die sich als Feministin versteht?

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Fotografie:
Ursula Röck
DATUM Ausgabe April 2023

Diesen Beitrag gibt es auch zum Anhören – eingelesen von Sebastian Loudon. 

Die Frau, über die vornehmlich Männer aus dem politischen Betrieb gerne behaupten, sie besäße einen eiskalten Zug zum Tor, schnipst mit Daumen und Mittelfinger. ›Platz‹, sagt Karoline Edtstadler. Struppi gähnt genervt. ›Platz!‹, sagt die konservative Bundesministerin für Verfassung und EU um ein Alzerl lauter. Struppi legt den Kopf zwischen die Vorderpfoten und streckt den Hintern in die Höhe. ›Platz jetzt!‹ Die schwarze Promenadenmischung rollt sich im Zeitlupentempo zusammen. 

Vor zwei Jahren hat Edtstadler den Hund aus einer ungarischen Tötungsstation adoptiert, jetzt ist sein Platz neben ihrem Schreibtisch im Bundeskanzleramt. Am Regal daneben steht ein vergilbtes Plakat, es zeigt eine schöne Frau mit kirschroten Lippen: ›The older I get, the more everyone can kiss my ass‹, steht darunter. ›Die Karo hat gelernt, nichts darauf zu geben, was über sie erzählt wird‹, sagt eine Vertraute der Ministerin. Die gehässige Nachrede sei bloß ein Zeichen dafür, dass man sie bei den anderen Parteien als mögliche Gefahr identifiziert habe.

Mit zwei Fragen wird die 42-jährige ehemalige Richterin derzeit in beinahe jedem Interview konfrontiert. Sollten wir angesichts des Angriffskrieges, der seit über einem Jahr wenige hundert ­Kilometer weiter östlich von Wien tobt, über die Neutralität reden? Und: Möchte Karoline Edtstadler gerne ÖVP-Chefin anstelle des amtierenden ÖVP-Chefs werden? Sie pflegt beide Fragen knapp zu beantworten. An der Neutralität gebe es nichts zu rütteln. Und Kanzler Karl Nehammer sei ein hervorragender Parteichef, sie denke nicht einmal daran, ob sie das womöglich besser hinkriegen würde. Tatsache ist: Beide Fragen stellen sich derzeit nicht. Aber wenn die vergangenen Jahre etwas gezeigt haben, dann wohl, dass die wenigsten Dinge in Stein gemeißelt sind. 

Die türkis-grüne Koalition unter Kanzler Nehammer mag nach außen hin einen recht lustlosen Eindruck vermitteln. Glaubt man den Umfragen, dann ginge sich eine Mehrheit der beiden Parteien derzeit nicht einmal im Traum aus. Die ÖVP hat in den vergangenen Jahren beinahe jede Wahl krachend verloren, die unerwarteten Zugewinne in Kärnten wurden umso überschwänglicher gefeiert. Aber das Bündnis bleibt stabil, und mit großer Wahrscheinlichkeit wird frühestens in einem Jahr gewählt. Nicht zuletzt die Turbulenzen in der SPÖ, der Machtkampf an der Spitze und das Chaos um die Mitgliederbefragung, stärken Nehammers Position: Er mag kein Wunderwuzzi sein, aber er hat seine Partei im Griff. Niemand bei den Konservativen denkt daran, Nehammer auszutauschen. Sollte sich das ändern, käme Edtstadler neben Finanzminister Magnus Brunner in die enge Wahl. Die Salzburgerin wird in der ÖVP wie auch in anderen Parteien als politisches Ausnahmetalent wahrgenommen: inhaltlich sattelfest, schlagfertig, ohne Berührungsängste mit einfachen Leuten. 

Dann freilich würde sich die Frage stellen, ob die ÖVP mit ihrer ländlich-konservativen Kernklientel bereit ist für eine vergleichsweise junge Frau an der Spitze, unverheiratet, mit einem erwachsenen Sohn. Eine, die gängige Rollenbilder konservativer Politikerinnen sprengt: mütterlich, verbindend, im Zweifel lieber devot. Viele Frauen in ihrer Partei würden sich mit diesem Klischee immer noch zähneknirschend arrangieren, glaubt die frühere ÖVP-Ministerin Maria Rauch-Kallat: ›Frauen wollen vermutlich stärker als Männer geliebt werden. Ich rate jungen Politikerinnen immer, dass es besser ist, gefürchtet zu werden.‹ Edtstadler, davon ist die ältere Parteifreundin überzeugt, gehöre zu jener jungen Riege von konservativen Politikerinnen, die ihre Talente ausspielen, ohne allzu sehr auf männliche Befindlichkeiten zu achten. 

Edtstadler formuliert messerscharf, wenn sie es für notwendig hält, schüttelt sie Gesetzespassagen aus dem Ärmel. Die Richterin käme bei ihr immer wieder durch, erzählen Weggefährten. Sie habe einen ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit. Unumstritten war sie in ihrer Zeit beim Landesgericht Salzburg allerdings nicht: 2010 schaffte sie es mit einem drakonischen Urteil gegen einen jungen Demonstranten in die überregionalen Schlagzeilen. Edt­stadler, Tochter eines ÖVP-Landtagsdirektors und bereits in jungen Jahren ÖVP-Gemeinderätin, hatte einen jungen Mann, der mit Schweizerkrachern gegen die Asylpolitik der damaligen ÖVP-Innenministerin Maria Fekter protestierte, zu einer unbedingten Haftstrafe verdonnert. Das war sogar der Staatsanwaltschaft zu viel: Sie ging in Berufung, weil ihr das Urteil zu hart war. So etwas kommt nicht oft vor. 

Bald darauf wechselte Edtstadler ins Justizministerium, wo sie der ÖVP-nahe, mittlerweile suspendierte Sektionschef Christian Pilnacek unter seine Fittiche nahm – ein ausgewiesener Machtmensch. Das politische Geschäft lernte sie einige Jahre später im Kabinett des konservativen Justizministers Wolfgang Brandstetter, ehe sie nach einem kurzen Intermezzo am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte 2020 im ersten Kabinett von Sebastian Kurz zur Staatssekretärin im Innenministerium berufen wurde – als konservative Aufpasserin für FPÖ-Innenminister Herbert Kickl.  

Wenn bei der Politikerin Edtstadler die Richterin zum Vorschein kommt, dann ist das eine mit ausgeprägtem Sinn für Law and Order mit deutlicher ÖVP-Schlagseite. Bei Entscheidungen der Parteispitze, die besonders stark nach Populismus riechen, rückt die nunmehrige Ministerin gerne aus, um diese wortreich und mit feiner Klinge zu rechtfertigen. Etwa als Kanzler Nehammer unlängst ein Veto der Bundesregierung gegen den Schengen-Beitritt von Rumänien und Bulgarien ankündigte. Das sei, erklärte Edtstadler unter bemerkenswerten dialektischen Verrenkungen, ein Beitrag zur Stärkung der inneren Sicherheit des Friedensprojektes EU. Auch als Nehammers Vorgänger Sebastian Kurz wochenlang Breitseiten und Drohungen gegen die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) abfeuerte – diese hatte Ermittlungen gegen ÖVP-Politiker eingeleitet – rückte Edtstadler flankierend aus und forderte mit sanften Worten einen Umbau der Anklagebehörde: Nicht nur in der WKStA empfand man das als gefährliche Drohung. 

Doch nicht immer stellt sie die Parteiräson über alles: Als Ende März bekannt wurde, dass ihre niederösterreichische Parteifreundin Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner ihrem neuen FPÖ-Koalitionspartner Udo Landbauer einen mit 30 Millionen Euro dotierten Fonds zur Entschädigung angeblicher Opfer der Corona-Maßnahmen zubilligt, wurde Edtstadler deutlich: ›Für mich geht sich das weder als Juristin noch als Verfassungsministerin aus‹, richtete sie Mikl-Leitner via Kronen Zeitung aus. Die Verfassungsministerin zeigt Geschmeidigkeit, wenn es darum geht, die Parteilinie zu vertreten. Aber nicht um jeden Preis. 

Wenn sie sich allzu sehr verrenken muss, so ist aus ihrem Umfeld zu hören, sei ihr das deutlich anzusehen. ›Ihr Innenleben spiegelt sich in ihrem Gesicht‹, sagt eine Weggefährtin. Edtstadler könne Ärger schlecht verbergen. Das aber sollte man wohl, wenn man in der Spitzenpolitik tätig ist. Es gibt keine Karikatur und wenige Pressefotos von ihr, die nicht darauf abzielen, ihren strengen Blick einzufangen. Ein Imageproblem, dessen man sich wohl auch in ihrem PR-Team bewusst ist: Wie niemand sonst in der ÖVP bewirtschaftet Edtstadler den umstrittenen, aber populären chinesischen Social-Media-Kanal TikTok. Hier lacht sie viel und zeigt sich von ihrer freundlichen Seite. Solange das noch geht: Sollte die Bundesregierung dem Vorbild anderer EU-Länder folgen und die Nutzung von TikTok auf Regierungshandys untersagen, werde sie dem zwar nachkommen, erklärte sie unlängst in einem Interview. Allerdings nur, um dem Gesetz Genüge zu tun. Die Plattform würde sie dann privat weiternützen.

Aus ihrem Umfeld ist zu hören, dass Edtstadler eine durchaus soziale Ader habe: ›Sie interessiert sich für die Sorgen anderer, erinnert sich oft Monate später daran und fragt nach‹, sagt ein ehemaliges ÖVP-Regierungsmitglied. Nur die gespielte Fürsorglichkeit vor der Kamera liege ihr eben nicht. ›Sie wirkt vor der Kamera kompetent, aber nicht empathisch, sagt die Kolumnistin und langjährige Presse-Innenpolitikchefin Anneliese Rohrer. ›Edtstadlers Auftreten ist nicht massentauglich.‹ Die Journalistin erinnert sich allerdings auch an eine überraschende Einladung in Edtstadlers Ministerium, nachdem sie in einem Gastkommentar die Frauen in der schwarz-grünen Bundesregierung scharf kritisiert hatte. ›Das hat mich sehr verwundert, denn so hat sonst niemand in der Kurz-Regierung reagiert‹, sagt Rohrer. Immerhin habe sie zugehört. 

Auch die oppositionelle Neos-Abgeordnete Stephanie Krisper bekam 2019 einen unerwarteten Anruf Edtstadlers. Damals wollte das im Innenministerium angesiedelte Bundesamt für Korruptionsbekämpfung Krispers Handy beschlagnahmen lassen – um herauszufinden, wer dieser heikle Details aus dem Verfassungsschutz gesteckt haben könnte. Krisper machte die Sache öffentlich, tags darauf meldete sich Edt­stadler. Zwischen den beiden Politikerinnen entspann sich laut Krisper ein freundliches Gespräch, in dem Edtstadler versicherte, mit der Aktion nichts zu tun zu haben. Keine Stunde später ließ sie eine Presseaussendung veröffentlichen, in der sie Krisper scharf attackierte, von einer ›Anpatzaktion‹ sprach und mit einer Klage drohte. Es sind auch solche Aktionen, die Edtstadler den Ruf einer gewissen Skrupellosigkeit einbrachten. 

Bloß: Wurden dieselben Maßstäbe an Sebastian Kurz angelegt? Oder an andere männliche Politiker, die sich mal freundlich, mal rücksichtslos zeigen? Oder wird sie doch anders bewertet, weil sie eine Frau ist, die auch die männlichen Spielregeln der Macht beherrscht? Was hat sich Edtstadler eigentlich dabei gedacht, als sie in den ÖVP-Chats von ›steuerbaren Frauen‹ gelesen hat? ›Dass wir so nicht sind. Persönlich habe ich mich jedenfalls auch nicht angesprochen gefühlt‹, sagt sie. ›Würden Sie sich als Feministin bezeichnen?‹ – ›Ja.‹ Kein Aber, im Gegenteil. ›Ich bin es und ich traue mich, das zu sagen.‹ Es sei, meint Edtstadler, schade, dass viele ihrer Kolleginnen in der ÖVP davor zurückschrecken, dasselbe von sich zu behaupten. Selbst Frauenministerin Susanne Raab konnte sich bisher dazu noch nicht durchringen. Dem Wort Feminismus, meint Edtstadler, hafte nämlich zu Unrecht immer noch etwas Linkes an. Zumindest wohl in ihrer Partei und besonders am Land, wo die meisten Wählerinnen und Wähler der ÖVP wohnen. 

Dabei hat ausgerechnet die ÖVP, was die Förderung von Frauen in der Spitzenpolitik betrifft, historische Verdienste: Schon in der Zeit zwischen Ende des Ersten Weltkrieges und Beginn des Austrofaschismus machte die konservative Sozialpolitikerin Hildegard Burjan von sich reden. Die streitbare Klosterschwester kämpfte als Wiener Gemeinderatsabgeordnete in den Reihen der Christlich-Sozialen für die Gleichberechtigung von Arbeiterinnen. Ein paar Jahrzehnte später war es der bürgerliche Bundeskanzler Josef Klaus, der 1966 die Sozialpolitikerin Grete Rehor als erste Ministerin Österreichs in sein Kabinett holte, die steirische ÖVP-Politikerin Waltraud Klasnic wurde 1996 zur ersten Landeshauptfrau gewählt. Allerdings ließ sich Klasnic bis zu ihrer Abwahl als ›Frau Landeshauptmann‹ anreden. Das Thema Gleichstellung der Geschlechter mochte schon vor Jahrzehnten auf der bürgerlichen Agenda stehen. Aber man sprach und spricht nicht gerne darüber. 

Mit Ausnahme der Verfassungsministerin, die in Österreich gewissermaßen oberste Hüterin der Neutralität und durchaus geneigt ist, auch dieser eine betont weiblichere Note zu geben. Für das zuletzt von der grünen deutschen Außenministerin Annalena Baerbock propagierte Konzept der feministischen Außenpolitik zeigt Edtstadler Sympathien: ›Ich habe diese Initiative begrüßt, weil ich glaube, dass es auch heute noch notwendig ist, Frauen sichtbarer zu machen.‹ Es stünde besonders einem neutralen Land wie Österreich gut an, darauf den Fokus zu legen. Und die Verfassungsministerin setzt auch recht deutliche außenpolitische Duftnoten. Am 8. März, dem internationalen Frauentag, flog Edtstadler in die moldauische Hauptstadt Chişinău zu einem Solidaritätsbesuch bei der liberalen Präsidentin Maia Sandu. In dem kleinen Land südwestlich der Ukraine sorgen prorussische Regierungsgegner seit Monaten für massive Unruhen, die Angst vor einem Übergreifen der Kampfhandlungen liegt in der Luft. Edtstadler wollte nicht nur der bedrängten Staatschefin den Rücken stärken, sondern auch all jenen Ländern im Osten, die sich vom russischen Diktator Wladimir Putin bedroht fühlen. ›Die Unterstützung der Ukraine ist für mich eine conditio sine qua non‹, sagt sie. Dasselbe gelte auch für Moldau und Georgien, die ebenfalls in Putins Visier sind. Sollte es irgendwann Koalitionsverhandlungen mit der russlandfreundlichen FPÖ geben, wären das aus ihrer Sicht rote Linien.

Politisch ist Österreich im Ukraine-Krieg definitiv nicht neutral. Und militärisch? Die Bundesregierung lässt weder Waffen nach Kiew liefern noch ukrainische Soldaten vom Bundesheer ausbilden. Streng genommen wäre übrigens beides mit der Neutralität vereinbar: ›Auch mit unserer jetzigen Rechtslage geht mehr, als man vielleicht glauben möchte‹, sagt Edtstadler. ›Es ist eine politische Entscheidung, dass wir die Ukraine zwar nicht militärisch unterstützen, aber sehr wohl politisch, humanitär und wirtschaftlich.‹ Man darf wohl sagen: Die Linie der ­Bundesregierung folgt dem, was sich die Mehrheit im Land unter Neutralität vorstellt.

Tatsächlich ist diese spätestens seit dem EU-Beitritt 1995 ausgehöhlt. Österreich ist in die militärisch-strategischen Überlegungen in Brüssel voll eingebunden, der vom deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz initiierte europaweite Luftraumschutz mit Raketen, Marschflugkörpern und Drohnen (›European Sky shield‹) wird von der Bundesregierung mitgetragen, der Aufbau einer eigenen EU-Armee wird vom früheren Bundesheerchef Robert Brieger vorangetrieben. Würde Russland ein EU-Land angreifen, müsste Österreich aufgrund der Beistandspflicht grundsätzlich Soldatinnen und Soldaten zur Unterstützung des bedrängten Partnerlandes entsenden. Die EU-Verträge sehen zwar eine Ausstiegsregelung (›irische Klausel‹) für neutrale Länder vor. Sollte Österreich diese Karte ziehen, wäre das aber eine rein politische Entscheidung und keine zwangsläufige Konsequenz der Neutralität. Das stellt auch Edtstadler klar: ›Österreich hat eine Beistandspflicht, die mit unserer Neutralität, die im Verfassungsrang steht, kompatibel ist.‹ 

Sollte man dann nicht ehrlich sein, die Neutralität entrümpeln und nach dem Vorbild von Schweden und Finnland einen Nato-Beitritt anstreben? Oder zumindest darüber diskutieren? Das fordert ein überparteiliches Komitee, dem Linke wie der Werber Rudi Fussi genauso angehören wie der liberale Unternehmer Veit Dengler oder der konservative EU-Abgeordnete Othmar Karas. Edtstadler hat ein paar von ihnen getroffen und sich deren Argumente angehört. ›Ich finde es gut, wenn sich Menschen darüber Gedanken machen‹, sagt sie. An der Neutralität gebe es aber aus ÖVP-Sicht nichts zu rütteln. Eine Sichtweise, die die große Mehrheit der Bevölkerung und auch die meisten anderen Parteien teilen. Einzig die Neos können sich für einen Nato-Beitritt erwärmen.

Bei dem Thema gibt es nicht viel zu gewinnen, und Edtstadlers Zugang kann wohl als pragmatisch bezeichnet werden. Ein Wesenszug von ihr, den besonders der Koalitionspartner schätzt. Die konservative Verfassungsministerin steht in engem Austausch mit Justizministerin Alma Zadić, das Verhältnis der beiden wird von vielen als gut beschrieben – wie überhaupt aus den grünen Kabinetten kein schlechtes Wort über Edtstadler zu hören ist. ›Wir haben gute Erfahrungen mit ihr gemacht. Sie ist in Gesprächen konstruktiv, kompetent und verlässlich‹, sagt ein hochrangiger Regierungsmitarbeiter. Beim kleineren Koalitionspartner hat man auch registriert, dass Edtstadler nach Auffliegen der Chat-Affäre früher als andere ÖVP-Regierungsmitglieder auf Distanz zum damaligen Bundeskanzler Sebastian Kurz ging. 

Als dann die ÖVP nach der Ära Kurz und einem wenige Monate dauernden Intermezzo mit Außenminister Alexander Schallenberg im Kanzleramt nach einem neuen Parteichef suchte, fiel kurz auch ihr Name. Letztlich setzte sich Karl Nehammer als Kandidat der mächtigen ÖVP-Bünde und Landesorganisationen durch. Die alten schwarzen Machtzentren waren unter Kurz arg gestutzt worden. Als die Partei in die schwerste Krise seit Jahrzehnten schlitterte, meldeten sich die Granden wieder lautstark zu Wort. Der in der übermächtigen niederösterreichischen ÖVP sozialisierte Nehammer versprach Stabilität. Edtstadler hatte keine Hausmacht: Als Salzburgerin kommt sie aus einem vergleichsweise unwichtigen Bundesland, auch in ihrem Bund, dem ÖAAB, ist sie nicht besonders stark verwurzelt. Die Devise lautete: Bloß keine Experimente mehr. Es wird sich noch zeigen, ob das bürgerliche Lager früher oder später wieder bereit ist für eine Öffnung. Zum Beispiel durch eine unverheiratete Feministin, die grantig dreinschaut, wenn ihr etwas nicht passt.