›Ein Kastenfenster hält 200 Jahre‹

Thomas Gruber, 55, ist Tischler in Schrattenbach.

DATUM Ausgabe Mai 2018

Seit wann sind Sie Tischler?

Seit meinem 16. Lebensjahr. Mein Vater hat mir die Berufsentscheidung abgenommen. Er hat gesagt: ›Du wirst Tischler‹. Ich wollte eigentlich Automechaniker werden. Aber der Tischler hat dann auch gepasst. Also habe ich meine Lehre begonnen. Nach drei Jahren habe ich die Gesellenprüfung gemacht und bin danach zum Bundesheer. Nach der Meisterprüfung bin ich noch ein paar Jahre im Betrieb geblieben. Dann habe ich mich selbstständig gemacht.

Warum haben Sie einen eigenen Betrieb gegründet?

Viele, die in einer Tischlerei arbeiten, machen nebenbei auch andere Aufträge. Es ist üblich, dass Mitarbeiter die Werkstatt verwenden, und das habe ich damals vor allem als Möbeltischler auch gemacht. So baut man sich seinen Kundenstock auf. Irgendwann meinte mein Chef dann, ›Hey du arbeitest ja mehr für dich als für mich, es wird Zeit, dass du dich weiterentwickelst‹. Das habe ich dann gemacht. Heute mache ich vor allem Büroarbeit: verwalte und finde die Aufträge, betreue Kunden.

Sind Sie dann eigentlich noch Tischler?

Ich verstehe mich als Teil der Tischler­familie, als Meister koordiniere und coache ich die Mitarbeiter und sorge dafür, dass sie Arbeit und Gehalt haben. Als Geselle kriegt man rund 1.200 netto, als Meister gibt es keinen fixen Tarif. Mit höherer Position steigt ja das Können und die Verantwortung. Ich selbst verdiene immer unterschiedlich viel, weil ich ja für Gewinn und Verlust des Betriebs hafte. Ungefähr rechne ich aber mit 4.000 Euro netto.

Wie bestehen Sie gegen die Konkurrenz der Massenproduktion?

Diesen Betrieb gibt es schon seit 1909, seit 2o Jahren führe ich ihn. Ursprünglich haben wir auch Möbel gemacht. Bei Sanierungen von Altbau habe ich meine Faszination für das Wiener Kastenfenster entdeckt. Heute machen wir fast nur noch Renovierungen und Sanierungen von alten Fenstern und Türen. So ein Kastenfenster hält rund 200 Jahre, kann wieder und wieder saniert werden. Das schafft kein Plastikfenster von heute.

Warum gibt es so wenige kleine Tischlerbetriebe?

Man muss große Investitionen machen, um zu bestehen: Wer Maschinen hat, kann schnell und gut genug arbeiten. Sie kosten aber sehr viel. Aufgrund einer neuen EU-Verordnung musste ich beispielsweise eine Absaugmaschine für 120.000 Euro innerhalb von zwei Jahren einbauen. Die Richtlinien für Förderungen sind so streng, dass sie nur große Betriebe erfüllen können. Auch wir bekommen nur wegen eines Mitarbeiters, der taubstumm ist, etwas Geld. Er ist sehr fleißig, kann aber nicht zu Kunden oder zum Einbauen, deshalb ist die Förderung notwendig.