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„Eine gute Predigt muss man frei halten“

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Fotografie:
Ursula Röck
DATUM Ausgabe Oktober 2024

Name: Bernhard Messer, 61

Beruf: Pfarrer

Herr Pfarrer, sündigen Sie?

Und ob, ich sündige jeden Tag. (lacht)

Und trotzdem haben Sie diesen Beruf gewählt.

Das eine schließt das andere nicht aus, wobei mein Weg ein langsamer war. Ich habe lange als diplomierter Krankenpfleger gearbeitet. Die Sterbenden und Schwerkranken haben mich dazu gebracht, mehr über den Glauben nachzudenken. Im Alter von 44 Jahren ließ ich mich dann zum Priester weihen. 

Wie sieht nun Ihr Alltag als Pfarrer aus?

Der Tag beginnt für mich mit einem Kaffee und der Bibel, dann geht es los. Begräbnisse, Taufen und Hochzeiten, wobei die alle immer weniger werden. Pro Woche halte ich außerdem fünf Messen. Das ist aber die wenigste Arbeit, weil sie immer gleich ablaufen. 

Langweilen Sie sich da manchmal?

Nein, Rituale wiederholen sich aus einem Grund. Das schafft ein Gefühl von Heimat. Und die Sonntagspredigt ist immer eine andere. Eine gute Predigt muss man frei halten, sie sollte auf die Lebensrealitäten der Menschen eingehen, und ich schaue den Leuten dabei ins Gesicht. Weniger gern kümmere ich mich um die Finanzen und das Verwalten. Als Pfarrer muss ich Manager sein, aber das kann ich nicht gut. Dafür habe ich Gott sei Dank mein Team.

Was machen Sie in Ihrer Freizeit?

Ich gehe jeden Tag ins Kaffeehaus oder zu einem Wirten. Deswegen ist von den 2.200 Euro, die ich im Monat netto verdiene, am Ende meistens nichts mehr übrig. Dort lerne ich Leute aus dem Bezirk kennen, die mit Gott eigentlich nichts am Hut haben. Manchmal sehe ich sie Wochen später in einer Messe wieder. Das freut mich dann besonders. 

Heißt das, Sie sparen nichts?

Nur selten. Zum Glück wohne ich im Pfarrheim und muss keine Miete zahlen. Was die Pension angeht, wäre ich wohl nicht der erste Pfarrer, der später ein bisschen mit dem Geld kämpft, aber verhungert ist meines Wissens im Ruhestand auch noch keiner.

Beichten die Leute noch? 

Ja. Es kommen viele Jugendliche unter anderem wegen Pornografie zur Beichte. Das macht sie fertig. Da wird ein Männer- und Frauenbild verwirklicht gezeigt, das viele aufwühlt. Mörder hatte ich noch keinen im Beichtstuhl sitzen.

Ist Beichten noch zeitgemäß?

Es tut Leuten grundsätzlich gut, wenn sie über ihre Probleme, auch über Schuld reden können. Ich bringe dabei eben Gott ins Spiel, und das kann helfen. Nur, Therapie kann ich keine bieten, das darf man sich als Pfarrer nicht einbilden.

Sie sind Mitglied der Loretto-Gemeinschaft, eine aus Sicht mancher konservative Strömung der Kirche. Ist das der richtige Weg, um als Kirche zu überleben?

Die Kirche führt schon Statistiken, aber mir geht es nicht darum, möglichst viele Leute in die Kirche zu holen. Mein Ziel ist es, Menschen eine Beziehung zu Gott zu ermöglichen. Aber zu Ihrer Frage: Ich kenne keine Kirche, der Liberalisierung viel mehr Mitglieder gebracht hat. Im Grunde geht es darum, nicht darauf zu warten, bis Leute durch die Kirchentür kommen, sondern selbst hinauszugehen.

Wie stehen Sie dann zur Segnung Homosexueller oder Frauen als Priester?

Das sind in meinen Augen nicht die wesentlichen Punkte, auch wenn die Kirche da weiterdenken muss. Ich würde homosexuelle Paare segnen, die Ehe ist kirchlich nun einmal nicht vorgesehen. Bezüglich der Frauenfrage: Heißt Gleichwertigkeit, dass alle das Gleiche machen können? Ich kann nie ein Baby bekommen. Ich kann nie eine Familie haben.

Was können Sie, was eine Frau nicht kann?

(überlegt)Lassen Sie es mich so sagen: Wenn die Kirche als Ganzes einmal zu einem anderen Schluss kommt, dann soll es mir recht sein. Ich finde aber auch, dass Tradition ein Argument ist. Christus hat die Männer ins Apostelamt berufen. 

Hätten Sie eigentlich gern einen Partner oder eine Partnerin?

Ich hatte in meinem Leben zwei Beziehungen, das hat mir sehr getaugt. Im Moment könnte ich es mir nicht vorstellen. Aber natürlich, das Bedürfnis nach Nähe ist da. Dafür habe ich jetzt gute Freunde.

Was raten Sie jungen Menschen, die Priester werden wollen?

Ich würde ihnen raten, zunächst einen anderen Beruf zu erlernen. Ich muss die Menschen und ihre Sorgen verstehen. Das lernt man am besten, wenn man selbst mitten im Leben steht.

Zahlen und Daten

Mit dem Stichtag 31. Dezember 2023 gab es genau 4.638.842 Millionen Katholiken in Österreich. Im selben Jahr traten 85.163 Personen aus der katholischen Kirche aus. 4.575 Personen wurden in die Kirche wieder oder neu aufgenommen. Die Zahl der Taufen lag bei 39.488. Das ist ein Rückgang gegenüber dem Vorjahr. 

Die Zahl der in Österreich wirkenden Priester betrug 3.320. Auch diese Zahl sinkt. Die aktuelle Gesamtzahl setzt sich aus 1.649 Diözesanpriestern, 456 ausländischen Priestern und 1.215 Ordenspriestern zusammen.

Quelle: Österreichische Bischofskonferenz

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