Gegen das Vergehen
Erwin Wurms analytisches Spiel mit der Welt der Fotografie.
Wie kann man einen Regenschirm mit der Nase zwischen Kopf und Wand halten? Und was heißt es, wenn dieser Gegenstand auf diese Weise mit dem menschlichen Körper in Dialog tritt? Seit den 1990er-Jahren inszeniert Erwin Wurm performative Akte vor der Kamera, bei denen es kein Publikum gibt, außer den Apparat selbst. Die Situationen setzen Gegenstände, Menschen und Orte in ein Bezugssystem und machen sie zu einem Tableau vivant – Mensch und Kunst verschmelzen.
Diese Kompositionen scheinen mal eigenartig lustig, mal surreal, und manchmal geht es in den ›One Minute Sculptures‹ eben auch um das Verhältnis von (menschlichem) Körper und Welt. Wie im Fall des nach dem Nachtschlaf zurückgelassenen Kopfkissens, das immer andere Formen annimmt. Fotografie zeigt immer das, was schon geschehen ist – Geschichte, vergangen und vorbei.
Wie kein anderes Medium vermag die Fotografie einzelne Teile aus der uns umgebenden Welt einzufangen, stillzustellen und herauszulösen. Darin liegt auch der Schmerz, die Zeit nicht anhalten zu können, die Wehmut der Vergänglichkeit und damit des Todes.
Wurm spielt mit dem Unendlichkeitsbegriff, den uns Skulptur und Plastik – künstlerische Gebiete, auf denen er für seine Arbeiten bekannt ist – seit jeher vorgaukeln: Denn natürlich sind auch sie nicht für die Ewigkeit gemacht. •
Erwin Wurm (*1954, Bruck a.d.Mur) ist einer der vielseitigsten Künstler in Österreich, arbeitet skulptural und plastisch, mit Fotografie, Video und anderen Medien. Seine Arbeiten stehen in der weltweiten Tradition skulpturalen Denkens ebenso wie im Dialog mit Kolleg*innen wie Franz West, Thomas Schütte oder Marina Abramović oder beeinflussen seit Jahrzehnten jüngere Künstler*innen wie Sebastian Stumpf.
Aktuell werden seine Arbeiten in der Albertina Modern (bis 09.03.2025) oder im kommenden Jahr im oberösterreichischen Landesmuseum Linz gezeigt.
Felix Hoffmann leitet das Foto -Arsenal Wien, Österreichs neues Zentrum für fotografische –
Bilder und ›Lens Based Media‹. Mehr Informationen: www.fotoarsenalwien.at