Geklaute Laute

Künstliche Intelligenz kann menschliche Stimmen täuschend echt nachahmen. Hat der Beruf des Synchronsprechers noch Zukunft?

DATUM Ausgabe Mai 2025

Martin Keßler traut seinen Ohren nicht. Er starrt auf einen Handybildschirm, auf dem eine Instagram-Werbung für ein Automobilunternehmen zun hören ist. Aus den Handylautsprechern dröhnt eine tiefe, kraftvolle Stimme. Sie klingt nach quietschenden Reifen und rasenden Autos. Es ist die deutsche Stimme von Dominic Toretto aus ›Fast and Furious‹ – und damit auch seine ­eigene. 

Martin Keßler ist Synchronsprecher. Seit über 20 Jahren verleiht er Hollywood-Stars wie Nicolas Cage und Vin Diesel eine deutsche Stimme. Auch im deutschsprachigen Star-Wars-Universum kennt man ihn: als Boba Fett und die Stimme aller Klone. In Filmen oder in Werbespots die eigene Stimme zu hören, ist für den 65-jährigen Sprecher und Synchronregisseur also nichts Ungewöhnliches. Die Instagram-Werbung hat er jedoch nie eingesprochen. Und doch hört es sich frappierend nach ihm an, inklusive der winzigen, für Keßler typischen sprachlichen Eigenheiten. Lediglich die Betonung und Aussprache der Werbestimme unterscheidet sie von seiner eigenen. Alle Endungen werden unnatürlich deutlich ausgesprochen. Keßler weiß: So spricht kein Mensch, nicht einmal ein professioneller Sprecher. Schon gar nicht er selbst. Er ist sich sicher: Seine Stimme wurde ohne sein Einverständnis geklont. Man könnte sogar sagen: Sie wurde geklaut. Denn während das Unternehmen kommerziell von seiner Stimme profitiert, geht er leer aus. 

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