Geliebte Deutsche
Seit über 800 Jahren gibt es in Rumänien die Minderheit der Siebenbürger Sachsen. Während die Volksgruppe Jahr für Jahr schrumpft, scheint das dem Ansehen ihrer Traditionen und Institutionen keinen Abbruch zu tun. Ein Lokalaugenschein in und um Sibiu/Hermannstadt.
Michael Ehrmann lebt in Bruiu/Braller, circa 20 Kilometer und 200 Schlaglöcher von Sibiu/Hermannstadt entfernt. Auf seinem Hof sitzt eine Entenmutter mit ihren Küken, Gänse laufen herum, eingezäunt wachsen Tomaten und Blumen in einem Beet, und vor dem Tor steht ein halbierter Traktor. Nicht nur dieser Hof gehört ihm – insgesamt besitzt er vier, auf denen er neben dem Kleinvieh auch Büffel und Schafe züchtet.
Der Bauer in seinen Siebzigern ist einer der wenigen Siebenbürger Sachsen, die nach 1989 nicht nach Deutschland ausgewandert sind. Sein Heimatort Bruiu war einst eine blühende Gemeinde, deren Bevölkerung mehrheitlich sächsisch war. Heute ist es ein sehr ruhiges Dorf. Es gibt Häuser, aus deren Dach schon Bäume wachsen, aber Ehrmann will bleiben. ›Warum sollte ich nach Deutschland?‹, fragt er alle, die das nicht verstehen. ›Hier habe ich Hof und Haus. Dort bin ich ein Niemand.‹
1930 lebten in Rumänien noch über 630.000 Menschen mit deutschen Wurzeln – damals im circa 14-Millionen-Land 4,5 Prozent der Bevölkerung. Doch im 20. Jahrhundert bröckelte die Bevölkerungszahl der Rumäniendeutschen. Die Auswanderung der deutschsprachigen Bevölkerung, die seit über 800 Jahren in Rumänien angesiedelt ist, passierte in Wellen. Heute leben laut der neuesten Volkszählung aus dem Jahr 2021 nur mehr 23.000 Mitglieder der Minderheit im Land, das sind gerade einmal 0,1% der Bevölkerung Rumäniens.
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