Geschenkt!
Die Empfehlungen der ständigen DATUM-Autorinnen und -Autoren: zum Lesen, Schauen, Hören, Spielen – und Vergessen.
Anatol Vitouch
ZUM LESEN
Wenn Ihnen die Texte hier im DATUM noch nicht lang und tiefschürfend genug sind, probieren Sie es einmal mit Lettre International: Die Zeitschrift erscheint nur vier Mal im Jahr, bietet aber mehr anregenden Lesestoff als so mancher Roman.
ZUM SCHAUEN
Drei Haselnüsse für Aschenbrödel: Den Märchenfilm für Groß und Klein mit der bezaubernden Libuše Šafránková in der Titelrolle kann man immer schauen – zu Weihnachten mit den Kindern ist nicht der schlechteste Zeitpunkt.
ZUM HÖREN
Bitches Brew: Nichts lüftet den Kopf zum Jahresende so gründlich durch wie Miles Davis’ reinigendes Fusion-Gewitter aus dem Jahr 1969. Mit Joe Zawinul am E-Piano.
ZUM SPIELEN
Schach, anybody? Zum Beispiel beim Wiener Advent Open im Haus des Schachsports am Rudolf-Spielmann-Platz von 9. bis 15. Dezember.
ZUM VERGESSEN
Viele wenden sich von Twitter ab, die große Erkenntnis steht aber noch aus: Social Media frisst nicht nur Zeit und Hirn, es unterwandert auch die Demokratie – ziehen wir den Stecker.
Elisalex Henckel
ZUM LESEN
Wellness. Mit Nathan Hills Porträt einer amerikanischen Ehe im Zeitalter von Algorithmen, Helikopter-Eltern und Self Care kann kein Spa-Gutschein mithalten.
ZUM SCHAUEN
Diplomatische Beziehungen (Netflix). Diese Kreuzung aus ›Homeland‹ und ›Downton Abbey‹ hat laut Politico selbst die Leute im State Department zum Bingewatchen verführt. Nun gibt es eine zweite Staffel. Und so wie die ausgeht, hoffentlich bald auch eine dritte.
ZUM HÖREN
The Climbers (The Economist). 2022 hat uns Alice Su in ›The Prince‹ den Aufstieg von Xi Jinping erklärt. Heuer hat die Economist-Korrespondentin Chinesen begleitet, die über den berüchtigten Darién-Gap in die USA fliehen. Ihre vierteilige Reportage darüber ist in ihrem aktuellen Podcast ›Drum Tower‹ erschienen.
ZUM SPIELEN
Slippery Jane. Seit mir meine Großmutter vor fast 40 Jahren ihre Variante von Whist beigebracht hat, ist mir kein unterhaltsameres Spiel begegnet (sorry, Anatol). Regeln findet man unter seinem gebräuchlicheren Namen (Schwarze Katze oder Hearts) bei Wikipedia.
ZUM VERGESSEN
Camins del Priorat, 2022. Sollten Sie beim Vergessen Hilfe brauchen, könnten Sie diesen Rotwein probieren: Er schmeckt gut, macht kein Kopfweh und sieht auch noch schön aus. Was will man mehr?
Thomas Winkelmüller
ZUM LESEN
Das Kosmos-Handbuch Pilze. Als Lesemuffel der Redaktion empfehle ich Ihnen ein Buch mit vielen Bildern. Pilze sehen aber nicht nur schön aus, es ist ebenso gesund für Leib und Seele, sie im Wald zu sammeln. Um auch nach dem Verzehr gesund zu bleiben, hilft ein präventiver Blick in dieses Buch.
ZUM SCHAUEN
Fateful Findings von Neil Breen. Diese Perle von Film ist kostenfrei auf Vimeo aufrufbar (was bereits viel verrät) und fühlt sich an wie der Blick in das Hirn eines libertären Tommy Wiseau. Interessiert?
ZUM HÖREN
Things Fell Apart, BBC Radio 4. Da ich meinen Spotify-Jahresrückblick noch nicht kenne, kann ich nicht sagen, welche Musik ich Ihnen empfehlen sollte. Vermutlich ist das auch besser so. Deswegen hier ein sehr guter Podcast.
ZUM SPIELEN
Trivial Pursuit: 1900-2000 – Das Jahrhundert der Kronen Zeitung. Ich besitze zwei Dutzend verschiedene Versionen des Wissensspiels ›Trivial -Pursuit‹, und aus offensichtlichen Gründen macht dieses hier am meisten Spaß.
ZUM VERGESSEN
Bibiza. Falco auf schlecht, aber ein netter Kerl.
Anneliese Rohrer
ZUM LESEN
Die Achse der Autokraten von Anne Applebaum. Das jüngste Buch der amerikanischen Historikerin und Journalistin ist besonders einer jüngeren Leserschaft zu empfehlen, für die Freiheit eine Selbstverständlichkeit ist. Was sie nicht ist.
ZUM SCHAUEN
The West Wing – Im Zentrum der Macht. Diese Netflix-Serie aus den Jahren 1999-2006 sollte man nicht nur wegen der fantastisch schnellen Dialoge von Aaron Sorkin wieder sehen, sondern vor allem als
Einführung zu den Vorgängen im Weißen Haus betrachten.
ZUM HÖREN
Bolero, Maurice Ravel: Auf dieses Musikstück, bestehend aus zwei Themen, die 18 Mal wiederholt werden, muss man sich vollkommen, auch physisch, einlassen. Dann dringen die immer gleichen Melodien und Rhythmen geradezu obsessiv in den Körper. Eine seltene Erfahrung.
ZUM SPIELEN
The Opera, First Escape Room, Himmelpfortgasse 17, 1010 Wien. Mit einer Gruppe von Freunden ist in einer Stunde das Rätsel um das Verschwinden einer Sängerin kurz vor der Premiere in Anwesenheit von Kaiser Franz Joseph zu lösen.
ZUM VERGESSEN
Jeder Anruf eines Polizisten, der vor Verbrechern in der Wohngegend warnt oder einen nahen Verwandten aus dem Gefängnis auslösen möchte, sollte in der Zeit vergessen werden, die man benötigt, das Telefonat zu beenden. Alles Betrug.
Sebastian Loudon
ZUM LESEN
Rutger Bregmans Moralische Ambition. Dem niederländischen Historiker und Buchautor gelingt es herauszuarbeiten, wann und wie Idealismus und Aktivismus wirklich erfolgreich sein können. Das Buch ist übrigens deutlich besser als sein Titel.
ZUM SCHAUEN
Sébastien de Ganays Never give up. Wer in der zeitgenössischen Kunst das Politische vermisst, wird bis 19. Dezember in der Wiener Galerie Steinek fündig. Sébastien de Ganay zollt in seiner Ausstellung ›Never give up‹ politischen Häftlingen weltweit einen eindrucksvollen Tribut.
ZUM HÖREN
Autocracy in America. Die Historikerin Anne Applebaum und der Journalist und Autor Peter Pomerantsev (beide gaben datum bereits ein Interview) über die autoritären Tendenzen in den USA. Lehrreich, eindrucksvoll und auch für Europa wichtig.
ZUM SPIELEN
TAC. Das Strategiespiel für zwei bis vier Spieler ist 20 Jahre nach seiner Erfindung bereits ein Klassiker, zugleich immer noch ein echter Renner. Komplexitätstechnisch irgendwo zwischen ›Mensch ärgere dich nicht‹ und Bridge angesiedelt, nicht ganz billig, aber werthaltig.
ZUM VERGESSEN
Doom Scrolling. Sie liegen im Bett, das blaue Licht im Gesicht, der Daumen wischt gekonnt von unten nach oben übers Smartphone: eine schlechte Nachricht nach der anderen. Das Ende naht, die Welt geht unter. Da hilft nur eins: Handy weg, und schon schaut die Sache anders aus.
Solmaz Khorsand
ZUM LESEN
Daphne Palasi Andreades’ Buch Brown Girls ist wunderbar geschrieben. Es ist die Geschichte über das Erwachsen-werden einer Mädchenclique aus New York und noch viel mehr ein Manifest für brown girls weltweit.
ZUM SCHAUEN
Als jemand, der sich dafür schämt, wie wenig sie in afrikanische Länder gereist ist, bin ich sehr dankbar für die Netflix-Serie Queen Sono, die in so vielen afrikanischen Ländern spielt und so ein Gefühl für die Orte, Menschen, Sprachen und Ästhetik vermittelt, und zeigt, wie leichtfüßig diese Diversität am Schirm realisiert wird.
ZUM HÖREN
Manche Teile der Welt liegen mehr in Trümmern als andere. Für alle, die ihr Heimweh und ihre Sehnsucht nach (Süd-)Westasien und Nordafrika (SWANA-Region) stillen wollen, ja müssen, bietet Luna Al-Mousli aka DJ Qamareen mit ihrer Raqsouna-Partyreihe etwa im Wiener Fluc heilsame Erleichterung.
ZUM SPIELEN
Für Frauen gibt es ein altes und nervenaufreibendes Spiel in der Großstadt, wenn sie entgegenkommenden Männern nicht automatisch als Erste ausweichen. Kollisionen jeder Art garantiert.
ZUM VERGESSEN
Insbesondere für um sich kreisende Geisteswissenschaftler: Man versuche, alte Matheaufgaben aus der Maturazeit zu lösen und zu schauen, wie weit man kommt. Und zu erkennen, wie entspannend es sein kann, wenn zur Abwechslung die weniger trainierte Hirnhälfte in Anspruch genommen wird.
Eva Plank
ZUM LESEN
Post Growth: Life After Capitalism. Tim Jackson plädiert für eine Wirtschaft jenseits des Strebens nach unendlichem Wachstum. Das Buch ist eine Mischung aus wissenschaftlicher Analyse, philosophischer Reflexion und Vorschlägen für eine postkapitalistische Zukunft. Man darf sich zu Weihnachten ja was wünschen.
ZUM HÖREN
Radio. Anstatt Spotify und Co. sollten wir wieder öfter das Radio einschalten. Vorteil: Man muss sich nicht selbst überlegen, auf welchen Podcast oder welche Musikrichtung man gerade Lust hat, sondern lässt sich einfach berieseln.
ZUM SCHAUEN
The War Around Us (2012) dokumentiert die 22-tägige Offensive Israels im Gazastreifen 2008 aus der Perspektive zweier internationaler Journalisten. Der Film ist relevanter denn je. Berichterstattung aus Gaza ist heute nahezu unmöglich.
ZUM SPIELEN
Exit. Ein Escape Room als Brettspiel. Das perfekte Spiel für die Weihnachtsfeiertage mit der Familie, vorausgesetzt man hat Geduld und Zeit.
ZUM VERGESSEN
Geschenkpapier. Einpacken, auspacken, wegwerfen – die Lebensdauer von Geschenkpapier ist kurz und es gibt unzählige Alternativen. Mein Tipp: Die Geschenke einfach in altes Zeitungspapier einpacken.
Georg Renner
ZUM LESEN
Zwei Bücher, um Welt und Wirtschaft besser zu verstehen: Solar Power Finance Without the Jargon von Bloomberg-Analystin Jenny Chase beschreibt die wunderbare Energierevolution, die wir dank billiger Photovoltaik und Batterien gerade erleben. Material World von Ed Conway taucht tief in die Gruben der Bodenschätze ein, die unsere Welt am Laufen halten: Lithium, Sand, Öl, Erz.
ZUM HÖREN
Falls Ihnen nach Eskapismus ist, zwei Tipps für Fiction-Podcasts: Midst, einen improvisierten
Science-Fiction-Western, fand ich gut; zuletzt bin ich in das Lovecraft’sche Paralleluniversum
von Old Gods of Appalachia hineingekippt. Grüßen Sie den Railroad Man von mir.
ZUM SCHAUEN
Dune 2 ist auf so vielen Ebenen ein wunderschöner Film, der Frank Herberts Epos tatsächlich gerecht wird. Allein die Wahl der Tomba Brion in Treviso als Location für den Palast des Imperators ist edel bis dorthinaus.
ZUM SPIELEN
Als erfolgreicher, intelligenter und mitten im Leben stehender Mensch – so sehe ich DATUM-Leser – haben Sie leider keine Zeit für Twilight Imperium, dieses umfassendste und faszinierendste aller Brettspiele, für das man sich halt einen Tag frei nehmen müsste. Darum noch einmal Arrakis: Dune: Imperium ist eine flotte Kombination aus Worker Placement und Deckbuilding.
ZUM VERGESSEN
Rings of Power. Im Gegensatz zur ›Herr der Ringe‹-Filmtrilogie fehlt der Prime-Serie das Gespür fürs Epische, für die Faszination von Mittelerde.
Juliane Fischer
ZUM LESEN
In Stefanie vor Schultes Klimawandeldystopie Das dünne Pferd fährt sie im klapprigen Autobus durch ein Endzeitszenario voller Menschlichkeit (im negativen wie positiven Sinn).
ZUM HÖREN
A wie Amore, Autogrill, Adriano Celentano und akute Italien-Vermissung: Abhilfe schafft die Playlist zu Eric Pfeils Italopop-Büchern.
ZUM SCHAUEN
Die erste Soloschau von Amoako Boafo, fotorealistische Zeichnungen von Robert Longo, die Augentäuscher Rembrandt und Hoogstraten – die Wiener Museen liefern gerade Weltklasse-Ausstellungen. Daran, wie Winter in Wien war, als es noch wirklich Winter gab, erinnert das Wien-Museum.
ZUM SPIELEN
… sollte man nach St. Pölten fahren. Das im Sommer eröffnete Kinderkunstlabor setzt innovative Maßstäbe an kreativer Anregung und Beschäftigung.
ZUM VERGESSEN
ist leider die Art und Weise, wie das Kunstforum Wien Paul Gauguin präsentiert. Kolonialismus, kulturelle Aneignung, Pädophilie kann man in einer zeitgemäßen, kritischen Auseinandersetzung nicht im Begleitprogramm verstecken.
Paul Koren
ZUM LESEN
Hundert schwarze Nähmaschinen von Elias Hirschl. Alle vergangenen Zivildiener werden sich beim Lesen dieses Buchs auf die eine oder andere Weise verstanden fühlen. Zukünftige werden eher Angst bekommen.
ZUM HÖREN
The Unpopular Vote, Radiolab. Tatsächlich gab es einmal ernsthafte Bemühungen, die Wahlmänner in den USA abzuschaffen. Spoiler: Sie sind gescheitert. Trotz fehlendem Happy End ein sehr hörenswerter Podcast.
ZUM SCHAUEN
Lucky Number Slevin. Ein typischer Guy-Ritchie-Film, der nicht von Guy Ritchie ist. Mit Begriffen wie
›Kansas City Shuffle‹ und Bruce Willis in einem Rollstuhl.
ZUM SPIELEN
Professor Layton und die Schatulle der Pandora, Nintendo DS. Ein Point-and-Click-Adventure der alten Schule mit einer wundervollen Handlung, vielen Rätseln und tollen Illustrationen. Eines der Spiele meiner Kindheit, und da ich 23 bin, noch nicht aus der Zeit gefallen. Hoffe ich.
ZUM VERGESSEN
Das Auto. Vergessen Sie gerne öfter Ihr Auto und nehmen Sie den Zug, zum Beispiel über den verschneiten Semmering.
Susanne Jäger
ZUM LESEN
Sakaya Murata ist eine der prominentesten japanischen Gegenwartsautorinnen und schreibt schlichte, irritierende Prosa über Menschen, die sich den Konventionen und der Leistungsgesellschaft entziehen. Besonders empfehlenswert: Die Ladenhüterin, Zeremonie des Lebens.
ZUM HÖREN
Spüren Sie Ihrer Jugend nach und checken Sie sich Robbie-Williams-Konzert-karten für den 12.7.25
im Ernst-Happel-Stadion. Denn Sie wollen bestimmt immer noch ›real love‹ und Williams hat wahrscheinlich weiterhin ›too much life running through my veins‹, was ihn zu einem guten Entertainer
macht.
ZUM SCHAUEN
Das perfekte Geschenk für alle Film-liebhaber/innen (also: alle) ist das Nonstop-Kino-Abo
für Programmkinos in ganz Österreich. Schauen Sie fast alles für 24 € monatlich (oder für 22 €, wenn Sie noch unter 26 sind). Besser wird’s nicht.
ZUM SPIELEN
Entweder Sie kaufen Softsportgeräte (Federball, Tischtennisschläger) und begeben sich in Gesellschaft, oder Sie spielen allein daheim Disco Elysium, was das kunstvollste, klügste, schönste Computerspiel aller Zeiten ist.
ZUM VERGESSEN
Wo könnte man ein beschwerliches Leben besser vergessen als in der Sauna? Und wie stilvoller als mit
einem Hamamtuch Ottomania von Duft&Kultur auf der Wiener Tuchlauben? Geht auch als Strandtuch super, hundert Prozent Glücksquote bei hundert Prozent aller Frauen.
Emmanuel Dammerer
ZUM LESEN
Jordan Mechner: Replay – Memoir of an Uprooted Family. Eine Graphic Novel des Entwicklers von ›Prince of Persia‹, dem legendären Videospiel. Gleichzeitig und hauptsächlich eine komplexe Familiengeschichte mit Wienbezug.
ZUM HÖREN
Tocotronic: Denn sie wissen, was sie tun. Was soll man sagen, es gibt eine neue Single von Tocotronic.
Der kate-gorische Imperativ gebietet, sie zu hören. Das neue Album ›Golden Years‹ erscheint am
Valentinstag 2025. Es wird gut.
ZUM SCHAUEN
Youtube: Technology Connections. Ein sarkastischer Cordsakko-Träger aus Chicago analysiert Haushaltselektronik. Das ist noch besser als es klingt, wovon mittlerweile 2,5 Millionen Youtube-Abonnenten beredtes Zeugnis ablegen.
ZUM SPIELEN
Zimmerpflanzenstecklinge in transparenten Pflanztöpfen ziehen.
Man kann den Wurzeln voll Freude beim Wachsen zuschauen und die eigenen Pflegefehler voller Demut er- und einbekennen. Ein schönes ernstes Spiel für alle Altersgruppen.
ZUM VERGESSEN
Dass es im Herbst so schnell dunkel wird.Es ist eine schöne Tradition, jedes Jahr überrascht und bekümmert festzustellen, dass es ab November schon am Nachmittag dunkel ist. Ich vergesse diese Entwicklung immer am 25. Dezember, dem Geburtstag des römischen Sonnengottes Sol invictus, und würde Ihnen das auch empfehlen!