Grafische Konfliktlinien
Geben Sie es zu, seit Sie Internet haben, lesen Sie auch nicht mehr so gerne Bücher wie früher. Bücherlesen ist aufwändig, insbesondere wenn es um relevante, aber schwierige Themen wie Naher Osten, Patriarchat, 68er, Globalisierung, Gewalt und das 20. Jahrhundert insgesamt geht. Ein Glück, dass Graphic Novels schon seit längerem Teil des Kulturkanons sind.
Der vielfach ausgezeichnete französische Autor Riad Sattouf erzählt in der sechsteiligen Comic-Serie ›Der Araber von morgen‹ seine Kindheit und Jugend in Syrien und Frankreich und zeichnet mit Witz und cleverer Ironie die Konfliktlinien zwischen westlicher Konsumgesellschaft und nah-östlichem Traditionalismus nach. In Frankreich ist die Serie längst ein Millionenseller. Vielfach übersetzt, empfiehlt inzwischen auch das deutsche Feuilleton den ›Araber von morgen‹. Zurecht, denn Sattoufs kindliche Perspektive (und sein bemerkenswertes Erinnerungsvermögen) geben Einblick in ein Familienleben zwischen Konflikten einer progressiven französischen Mutter mit einem zunehmend herrischen syrischen Vater.
Die Eltern hatten sich im Paris der 1970er kennengelernt, wobei Sattoufs Vater mit der Rückkehr in sein Heimatland in den 80ern einen Beitrag zum titelgebenden ›Araber von morgen‹, zur Modernisierung Syriens und zum Erstarken der panarabischen Welt leisten wollte. Als dieser Wunsch sich nicht wie geplant erfüllt, der Vater zu scheitern droht, die Mutter unzufrieden ist, liegt es am kleinen Riad, sich auf kindlich-neugierige Art zurechtzufinden und einen Humor zu entwickeln, der aus tief ernsten Verhältnissen herrührt.
Riad Sattouf:
Der Araber von morgen.
Eine Kindheit im Nahen Osten,
Band 1-5, Penguin Verlag
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