Hauptsache dagegen

Desinformation als Geschäftsmodell: Die erstaunlich erfolgreiche Online-Plattform TKP kombiniert russische Propaganda mit medizinischen Verschwörungserzählungen. Und vernetzt dadurch ›Querdenker‹ aus allen politischen Lagern.

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Illustration:
Nadine Hermann
DATUM Ausgabe Mai 2024

Bei solchen Nachrichten scheint das Ende nah:

›NATO beginnt den Nuklear-Krieg gegen Russland‹

›25 Jahre weniger Lebenserwartung für
»vollständig« Geimpfte‹

›USA verantwortlich für mehr als 20 Millionen Tote in 37 Ländern seit Ende des zweiten Weltkriegs‹

Diese Schlagzeilen stammen nicht aus den Fernsehstudios des russischen Staatsfunks oder einer Moskauer Trollfabrik. Ihre Verbreiter sitzen im 21. Wiener Gemeindebezirk, zumindest die Postanschrift der Redaktion liegt dort. Es sind überwiegend Österreicher, die ein Bezahlmodell anspornt, das auf Klicks basiert. So produzieren sie Headline um Headline für ihre Leserschaft und erzeugen dabei möglichst große Empörung.

Mit oft erlogenen oder zumindest höchst irreführenden Überschriften ist das selbsternannte ›Redaktionsnetzwerk‹ TKP so zu einem heimlichen Liebling von Verschwörungstheoretikern und Putin-Sympathisanten geworden. Linke und Rechte können sich gleichermaßen wohlfühlen. Vom kommunistischen Anti-Imperialisten bis zur katholischen Konservativen haben hier schon alle publiziert, die in der Welt der alternativen Medien Rang und Namen haben. TKP ist ein Spiegel dieser mittlerweile gut vernetzten Szene.

Das schlägt sich auch in den Besucherzahlen der Website nieder. Bis zu eine halbe Million Aufrufe pro Monat schafft TKP mit seinen Artikeln, mehr als Seiten wie das FPÖ-nahe unzensuriert. Das hat unlängst eine umfassende Datenanalyse von Journalisten des im Vereinigten Königreich ansässigen Online-Mediums Insight News gemeinsam mit ukrainischen IT-Aktivisten der Plattform Inform Napalm gezeigt. Beide haben bereits in der Vergangenheit unabhängig voneinander über russische Desinformations-Kampagnen berichtet. In ihrer neuesten Analyse findet sich TKP als Teil eines Netzwerks, das russische Propaganda und Falschnachrichten verbreitet.

Das liegt an den russlandfreundlichen Berichten, die von österreichischen Schreibtischen aus verfasst werden. Eine Handvoll Autoren liefert für TKP sogar Texte, die russischer Propaganda gleichen, direkt von den Straßen Moskaus in österreichische Wohnzimmer – und manchmal bis in Politikerbüros.

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