›Homöopathie hat in Apotheken nichts verloren‹

·
Fotografie:
Ursula Röck
DATUM Ausgabe November 2022

Name : Susanne Hofmann, 43

Beruf : Apothekerin 

Warum sind Sie Apothekerin geworden?

Als Schülerin interessierten mich ­Naturwissenschaften. Da ich nicht ­allein in einem Labor stehen wollte, überlegte ich, Mathematik-Lehrerin oder Apothekerin zu werden. Letzteres bin ich heute.

Was müssen Sie für Ihren Beruf gut können?

Die wichtigste Eigenschaft ist ­Empathie. Viele sehen die Apotheke als Zufluchtsort, an dem sie ihre medizinischen Sorgen abladen können. Hier gibt es Zeit zum Zuhören, die in Arztpraxen oft knapp ist, und Beratung. Wir Apothekerinnen stehen damit an vorderster Front im Gesundheits­system und entlasten es so. 

Wie hat sich der Beruf seit Beginn der Covid-19-Pandemie verändert?

Vor allem anfangs waren wir die ersten Ansprechpersonen vieler ­Menschen. Wir mussten uns mit neuen Regeln und wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Virus beschäftigen. Und für viele Apotheken war undist das eine Herausforderung. Die tägliche Arbeit wurde nicht ­weniger, covid­bedingte Aufgaben wie Testen kamen dazu.

Weswegen kommen die meisten Kunden zu Ihnen?

In der Regel wegen kleiner Probleme wie akuten Durchfallerkrankungen, Kopfschmerzen oder Schnupfen. 

Was ist Ihr Geheimtipp gegen Erkältungen?

Sternaniskapseln. Immer wenn alle um mich rotzen, nehme ich sie wegen ihrer antiviralen und antibakteriellen Wirkung. Aktuell mache ich da seit ­einiger Zeit keine Pausen. Naturheilkundeprodukte wie diese Kapseln gibt es übrigens auch bei uns zu kaufen.

Und bieten Sie auch homöopathische Produkte an?

Für Kunden bestellen wir sie, lagernd haben wir sowas allerdings nicht. Ich bin zu sehr Naturwissenschaftlerin, um auch Freundin der Homöopathie zu sein. Ich finde, sie hat in Apotheken nichts verloren. 

Warum ist die Homöopathie so beliebt in Österreich?

Weil sie den Menschen als Ganzes wahrnimmt und von langen ­Gesprächen mit Patienten begleitet wird. Das Produkt ist dann vermutlich nur noch nebensächlich.

Sie bieten auch Beauty-Produkte in der Apotheke an. Ist das notwendig?

Ich finde: ja. Denn am Ende des Tages geht es ums Wohlfühlen. Apotheken sind nicht nur der reine Arzneimittelverkauf. Körper und Geist muss es gut gehen, um nicht zu erkranken. Ein angenehmer Duft oder ein entspannendes Bad gehören da präventiv dazu.

Wie viel verdienen Sie monatlich? 

Nach fünf bis zehn Jahren können Pharmazeuten in einer Apotheke Vollzeit bis zu 3.600 Euro netto verdienen. Ich arbeite 24 Stunden und bekomme samt Nachtdiensten 2.460 Euro. 

Welche Rolle spielt denn Scham beim Kauf bestimmter Medikamente?

Tatsächlich eine kleine. Die meisten Männer fragen zum Beispiel mit ziem­lichem Selbstbewusstsein nach Viagra. Allgemein zeigen Kunden gern gleich ihre Schwellungen her und drucksen nicht lang herum.

Was sollte sich in Ihrer Branche ändern?

Wir müssen stärker auf die geschlechterspezifische Behandlung gerade in Sachen Dosierung fokussieren. Das ist eine Aufgabe für die Zukunft. Als Apothekerin allein tue ich mir da aber schwer, denn wenn im Beipackzettel schwarz auf weiß etwas geschrieben steht, kämpfe ich gegen Windmühlen. Es braucht dahingehend viel mehr Bewusstsein. •

 

Zahlen und Fakten:

In Österreich arbeiten rund 6.800 Apothekerinnen und Apotheker in 1.450 Apotheken. In rund 1.050 davon führen Angestellte PCR-Tests durch. Täglich besucht eine halbe Million Menschen in Österreich eine Apotheke. Seit dem Beginn der Covid-19-Pandemie ist die Zahl nochmals auf geschätzt 700.000 gestiegen. Nach Abschluss des Pharmaziestudiums sind Absolventen Pharmazeut. Erst nach einem Praxisjahr in einer Apotheke, dem Aspirantenjahr, und einer abgeschlossenen Prüfung dürfen sie als Apotheker arbeiten. 

Quelle: Jahresbericht 2022 der Österreichischen Apothekerkammer 

Sie können die gesamte Ausgabe, in der dieser Artikel erschien, als ePaper kaufen:

Bei Austria-Kiosk kaufen