Karl-Mozart-Stadt
Die jüngsten Erfolge der KPÖ in Salzburg werden im Ausland nur schwer zu erklären sein.
Das wird schwierig. Wie kann man es erklären, dass in der reichsten Region Österreichs die Kommunistische Partei unter dem Namen KPÖ Plus bei der Landtagswahl im April rund elf Prozent der Stimmen erreichen konnte? In jener Stadt, in der sich verlässlich jeden Festspielsommer Vertreter des Großkapitals ein Stelldichein geben, konnten die Kommunisten mit 21 Prozent der Stimmen gar alle anderen Parteien außer der dominanten ÖVP hinter sich lassen.
Es wird auch deshalb schwierig, weil sich ein Image verfestigt. Elke Kahr, die kommunistische Bürgermeisterin von Graz, kann nicht mehr als kurioser Einzelfall abgetan werden. Die New York Times konnte das Ereignis noch unter dem etwas verwundert klingenden Titel ›In einer reichen Stadt, eine marxistische Bürgermeisterin …‹ abhandeln. Sie hat bei dieser Gelegenheit auch nicht versäumt, auf die ›lange Tradition des Sozialismus‹ in Österreich zu verweisen, was für die Amerikaner so viel heißt wie ›Kommunismus‹.
Wie aber lassen sich zwei Wahlerfolge innerhalb von 18 Monaten für eine Partei erklären, von der viele Österreicher wahrscheinlich nicht einmal mehr wussten, dass sie noch existiert? Kann in der gegenwärtigen miesen Stimmung im Land tatsächlich eine Ideologie wiederbelebt werden, die so viel Unheil angerichtet hat?
Der aktuelle Erfolg der KPÖ Plus sollte nicht als Indiz dafür gewertet werden. Elke Kahr, die sich als Marxistin bekennt, mag zu Recht immer wieder zur Distanzierung von Moskau gedrängt werden müssen. Der Spitzenmann in Salzburg, Kay-Michael Dankl, gibt vorerst keinen Anlass zu solcher Skepsis.
Der Mann wurde 1988 geboren, war beim Zusammenbruch des Kommunismus also ein Jahr alt. In seinem Team im Landtag ist Christian Eichinger mit 46 Jahren der älteste. Gut, Dankl steht für ›Kapitalismuskritik‹, für gerechtere Verteilung, vor allem für ›leistbares Wohnen‹. Eine besonders revolutionäre Agenda müsste da wohl sehr gut versteckt sein.
Wer immer trotzdem befürchtet, dass in naher Zukunft der Donauwalzer durch die Internationale ersetzt werden wird, sollte sich eher Folgendes fragen: Wie kann in einem Land, das jahrzehntelang als Kopfbahnhof des Westens unter dem Eisernen Vorhang gelitten, das Leid der kommunistischen Diktatur zwei Mal hautnah miterlebt hat – in Ungarn 1956 und nach dem Prager Frühling 1968 – ein Denkzettel für die Regierenden wichtiger sein als die Erinnerung an die eigene Geschichte?
Es wird schwierig darzustellen, dass der Salzburger Rächer der Krisenverlierer in einem der reichsten Länder der Welt wegen der exorbitanten Wohnungskosten in einer Stadt, der Politikverdrossenheit von Nichtwählern, der Enttäuschung tausender Sozialdemokraten diesen Wahlerfolg erzielen konnte. Eher kann man schon erklären, dass er mit der US-Methode der grassroots politics, der Basisbewegung engagierter Mitstreiter, in einem eher verzopften traditionellen Polit-System reüssieren konnte. Und man wird ergänzen müssen, dass die Zugewinne auf der anderen Seite des politischen Spektrums zwar weniger überraschend, aber umso bedenklicher sind. Zerstreuen wird all das die Zweifel an Österreichs demokratischer Festigkeit nicht. •
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