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Kollateralpatienten

Ein Notbetrieb sollte das Gesundheitssystem vor Corona schützen. Wie schwerwiegend sind die Folgen versäumter Behandlungen?

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Illustration:
PM Hoffmann
DATUM Ausgabe Juli/August 2020

Als Frau G. aus der Narkose aufwacht, treffen sie die schlechten Nachrichten der Ärzte hart: Sie mussten ihren rechten Eierstock und Eileiter entfernen, eine Gewebeunter­suchung bestätigt: Eierstockkrebs. In einer zweiten OP werden auch Gebärmutter und der zweite Eierstock entnommen. Die 35-jährige Frau wird nie schwanger werden. Dabei hatten sie und ihr Mann ein paar Monate zuvor, im Februar, ihre erste In-vitro-Fertilisation hinter sich gebracht. Erfolglos. Bei einem nächsten Termin im April fanden die Ärzte des Kinderwunschzentrums eine Zyste im Unterleib. Obwohl das Gewächs elf Zentimeter groß ist, schicken die Ärzte Frau G. nach Hause. Sie ist unsicher, geht zur Frauenärztin und wird auf die Notaufnahme geschickt. Zurück in der Klinik bekommt sie zu hören: ›Sind Sie sicher, dass Sie auf die Gynäkologie müssen? Vielleicht ist das der Blinddarm.‹ Die Schmerzen werden täglich schlimmer, ihre Bewegung ist eingeschränkt, sie hat das Gefühl, etwas drücke gegen ihre Lunge und man findet Flüssigkeit in ihrem Bauch. Trotzdem wird sie wieder nach Hause geschickt. ›Meine Behandlung wurde nach hinten verschoben. Die Priorität wurde nicht gesehen‹, meint sie heute in ihrer Grazer Wohnung, eine blaue Maske über ihrem Gesicht, unter dem T-Shirt eine 20 Zentimeter lange Narbe, die sie jeden Tag an das Geschehene erinnert.

Medizin in Zeiten von Corona: Während der erste Covid-19-Ausbruch in Österreich unter Kontrolle gebracht wurde, ja nie das Ausmaß annahm, mit dem man gerechnet hatte, ist das Gesundheitssystem heute mit neuen Sorgen konfrontiert. Krebsdiagnosen wurden aufgrund des Virus später gestellt; Herzinfarkte blieben unentdeckt; Ärzte erzählen von durchgebrochenen Blinddärmen und rupturierten Tumoren, die es sonst kaum mehr so gab. Denn die Triage, also jene Praxis, nach der Fälle entlang ihrer medizinischen Dringlichkeit beurteilt werden, war auch bei der Bewertung anderer Krankheiten als Corona im Einsatz.

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